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ZUR KRITIK EINIGER FEMINISTISCHER GEMEINPLÄTZE[1]

Gliederung:

1. Zur Kritik der These von der Frau als Hauptopfer der gegenwärtigen Gesellschaft
a)‘Doppelbelastung’ und ‘unbezahlte Hausarbeit’
b) Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegmentierung
c) ‘Ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit’
2. Zum Geschlechterverhältnis im modernen Kapitalismus und in der modernen bürgerlichen Gesellschaft
3. Das Verschwinden des Patriarchats
4. Die Idealisierung der Frau in Mutterschaft, Zwischenmenschlichkeit und Familie
5. Gesellschaftsystemstabilisierende Beiträge des Feminismus
a) als Konkurrenzbewegung,
b) als systematische Verwendung doppelter Maßstäbe,
c) als nicht zu unterschätzendes affirmatives Moment der gegenwärtigen Sozialintegration

Überblick

Im feministischen Alltagsverstand [1] erscheinen die Frauen als Hauptopfer der bestehenden gegenwärtigen Gesellschaft. Das Geschlechterverhältnis avanciert zum zentralen Charakteristikum der dann von “Männerherrschaft” geprägt erscheinenden Gesellschaft. [2] Einige der dabei typischerweise vorgebrachten Argumente werden geprüft (1). daß sie der Prüfung nicht standhalten, daraus folgt nun wiederum nicht, das Geschlechterverhältnis in der modernen bürgerlichen und kapitalistischen Gesellschaft nicht als eine eigene Problematik ernstzunehmen (2). Die im weiteren verfolgte These hierzu lautet, daß die moderne kapitalistische Gesellschaft keine befriedigende Verbindung der verschiedenen, die menschliche Existenz ausmachenden Arbeitstätigkeiten erlaubt. Dies beschädigt beide Geschlechter. Diese Sicht des Geschlechterverhältnis unterscheidet sich ums Ganze von einer einseitigen Stilisierung der Frauen zum Hauptopfer.

Wer das Geschlechterverhältnis auf die herrschenden Strukturen des Reichtums und der Arbeiten bezieht, muß einen Reduktionismusvorwurf und den Einwand gewärtigen, diese Strukturen gründeten in weit fundamentaleren und basaleren symbolisch-imaginären Tiefenstrukturen des Geschlechterverhältnis, die lange vor der jetzigen Gesellschaftsformation herrschten. Ohne mich der Frage zu stellen, wie Überzeugungen und Traditionen aus früheren Gesellschaften das heutige Geschlechterverhältnis tangieren, sensibilisiere ich (3) dafür, daß die Voraussetzungen wenigstens für die vormodernen patriarchalen Strukturen weggefallen sind (Kontinuitätsbruch).

Mit einer vom Gleichstellungsgedanken abweichenden Variante des Feminismus wird Zwischenmenschlichkeit, Fürsorglichkeit und Mütterlichkeit zum Maßstab der Kritik am gegenwärtigen Erwerbs- und Geschäftsleben (4). Ich kritisiere die dafür notwendigen Dichotomisierungen [3] und Idealisierungen, fasse im abschließenden Abschnitt (5) einige Befunde meiner Argumentation zusammen und spitze sie zu einer Charakterisierung des Feminismus zu, insofern dieser als Konkurrenzbewegung, als systematische Verwendung doppelter Maßstäbe und als nicht zu unterschätzendes affirmatives Moment der gegenwärtigen Sozialintegration auftritt.

I. Zur Kritik der These von der Frau als Hauptopfer

a) “Doppelbelastung” und “unbezahlte Hausarbeit”

Als wesentliches Element der Diskriminierung von Frauen gilt die “Doppelbelastung” und die “unbezahlte Hausarbeit”. Zu fragen ist, von wem da gesprochen wird. Davon, daß alle Frauen Doppelarbeit leisten, kann keine Rede sein.

“Von 100 Frauen
- bleiben 15 berufstätig ohne Kinder,
- sind 10 alleinerziehende berufstätige Mütter,
- sind 40 berufstätige Mütter mit Ehemann/Partner,
- leben 5 nach dem 3-Phasen-Modell (Beruf-Familie-Beruf),
- sind 30 Hausfrauen und Mütter” (Sommerhoff 1995/61), so daß dieser Zusammenstellung zufolge 50 % der Frauen wenigstens insofern keine Doppelarbeit leisten, als sie nicht Erwerbsarbeit und Erziehungsarbeit verrichten. [4]

1995 sind in den alten Bundesländern 81,3 % der Männer und 59,9 % der Frauen im erwerbsfähigen Alter (15 - 65 Jahre) erwerbstätig, wobei seit 1990 auch die geringfügig Beschäftigten als Erwerbstätige ausgewiesen werden. In der Woche arbeiten als abhängig Erwerbstätige im früheren Bundesgebiet 1995

  Männer in Tausend Frauen in Tausend
unter 15 Std. 182 1.017
15 - 35 Std. 420 3.246
35 Std. 14.345 6.721
Summe 14.947 10.985

Tabelle 1: nach Bundesministerium 1998, S.53f.

1998 haben im alten Bundesgebiet 13,766 Mio Männer und 6,785 Mio Frauen voll, 2,153 Mio Männer und 5,521 Mio Frauen Teilzeit (unter 32 Stunden) gearbeitet (Statistisches Bundesamt 1999/107).

Anzunehmen ist, daß es für einen großen Teil der teilzeitarbeitenden Frauen keine Doppelbelastung im Vergleich zu voll erwerbstätigen Frauen gibt, insofern sich ihre Arbeit im Haushalt gegen die mehr geleistete Arbeit ihres männlichen Partners tauscht. Von den Frauen im erwerbsfähigen Alter, die volle Erwerbsarbeit und Hausarbeit leisten, sind wiederum diejenigen abzuziehen, die die Hausarbeit von Putzfrauen und Haushaltshilfen erledigen lassen [5], wobei hier natürlich die Dunkelziffer groß ist.

Natürlich geht in das Konstrukt der allein den Frauen vorbehaltenen Doppelarbeit die Annahme ein, daß Männer keinerlei Hausarbeit leisten. Eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes allerdings gibt an, 1/3 der unbezahlten Arbeit werde von Männern geleistet (Süddeutsche Zeitung vom 16.11.1995). “Je weniger Stunden der Mann in der Woche arbeitet und je mehr der zeitliche Arbeitsumfang der Frau, desto häufiger hilft er bei den anfallenden Haushaltstätigkeiten mit” (Bundesministerium für Familie 1997/80).

Dem von Andrea Ernst und Vera Herbst herausgegebenen “Kursbuch Frauen” (1997/207) zufolge herrscht zwischen den Geschlechtern eine ausgewogene Bilanz:

  Männer Frauen
bezahlte Arbeit (Stunden/Woche) 30.7 15.1
unbezahlte Arbeit (Stunden/Woche) 19.5 35.0
Summe (Stunden/Woche) 50.2 50.1

Tabelle 2: nach Statistisches Bundesamt Wiesbaden 1994 [6]

Hinzu tritt die Frage, in welchem Ausmaß die Leistungen der Hausarbeit gegen die materiellen Ressourcen aus der Erwerbsarbeit i.w.S. “getauscht” bzw. beide Arbeitssorten in ihrer Belastung gleichgesetzt werden können. Im Unterschied zum feministischen Mainstream schreibt Gertraude Keil: “Die Trennung Arbeit/Hobby/Freizeit läßt sich bei der Hausarbeit nicht per definitionem lösen. So ist Kochen mit Sicherheit Hausarbeit, Wäsche waschen auch; aber wie ist das mit einem Pullover für den Mann stricken, einen schönen Blumenstrauß hinstellen, mit den Kindern spielen?– die Grenzen sind flüssig.” “‘Verzettelung’” muß “als wesentliches Merkmal der Hausarbeit” gelten, insofern “ständig kurzfristig die Tätigkeiten gewechselt werden und, auf der andern Seite, auch häufig verschiedene Tätigkeiten gleichzeitig verrichtet werden. (Die Frau übt beim Abwasch mit dem Kind ein Diktat.)” (Keil 1978/97f.). [7]

Die Mehrarbeit von Frauen ist also ebenso umstritten wie das Ausmaß, in dem die Arbeit im Haus, in der Familie usw. mit Erwerbsarbeit gleichgesetzt werden kann. [8] Selbst wenn es eine solche Mehrarbeit von Frauen gäbe, könnte sie nicht umstandslos als Ausweis und Beleg der Schlechterstellung von Frauen gewertet werden. Wer so verfährt, setzt die Mehrbelastung in einem Segment gleich mit einer absoluten Mehrbelastung. In einer vollständigen Berechnung der Belastungen der beiden Geschlechter in der gegenwärtigen Gesellschaft ist auf der Seite der Männer die Sonderbelastung zu notieren
- durch das weit höhere Maß an Erwerbstätigkeit (inklusive des Mehraufwands an Wegzeiten [9]),
- durch die spätere Berentung bzw. Pensionierung,
- durch Zwangsdienste (Militärdienst, Zivildienst).

Davon, daß “Männer das faule Geschlecht” seien, so der reißerisch Buchtitel von Claudia Pinl 1994, kann nur mit tendenziösen Ausblendungen geredet werden.

Inwieweit Hausarbeit umstandslos als notwendige Arbeit gelten muß und ihre Mißachtung als konstitutives Moment des Geschlechterverhältnis zu gelten hat oder umgekehrt die Länge der Hausarbeit gerade das Geschlechterverhältnis ausdrückt (und Sauberkeitsfimmel, Kompensation der Unausgefülltheit des eigenen arbeitenden In-der-Welt-Seins anzeigt, also eine Arbeitslosigkeit eigener Art), darauf gehe ich in Abschnitt 5b ein.

b) Geschlechtsbespezifische Arbeitsmarktsegmentierung

Die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegmentierung [10] verweist auf

  • tradierte Unterschiede in der Herausbildung von Sinnen und Fähigkeiten zwischen Männern und Frauen,
  • die Polarisierung zwischen hausarbeitsnahen Tätigkeiten und solchen, die dies nicht sind;
  • die Antizipation von durch Schwangerschaft und Kinderbetreuung begründeten Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, die es für Frauen “rational” erscheinen lassen, in Ausbildungen zu investieren, deren Wissen weniger schnell veraltet als dies bei im sog. Leistungskern relevanten Qualifikationen der Fall ist.

Feministen [11] neigen dazu, in der geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktsegmentierung allein Nachteile der Frauen aufzuspüren. Das muß nicht so gesehen werden. Der “Jobs Related Almanac” (Handbuch des Arbeitsmarkts) in den USA listet 250 Berufe auf und bringt sie den Faktoren Bezahlung, Streß, Arbeitsumfeld, Aufstiegschancen, Gefahren am Arbeitsplatz und körperliche Beanspruchung folgend in eine Hierarchie. Feministen entdecken ausnahmsweise keinen Sexismus in der Tatsache, daß von den 25 schlechtesten Jobs vierundzwanzig fast reine Männerjobs sind. [12] Für Feministen ist auch eine andere Tatsache nicht von Interesse: Männer erleiden in den USA 95% aller Berufsunfälle. “Je gefährlicher ein Job, desto höher ist der Männeranteil. Hier einige Beispiele: … Feuerwehr: 99 % Männer, Holzfäller 98%, Schwertransporte 98 %, Baugewerbe 98 % ” (Farrell 1995/130). [13]

Die besonders exponierte Rolle von Männern im gesellschaftlichen Außenraum scheint nicht so einseitig nur mit Privilegien verbunden, wie dies manches feministisches Vorurteil suggeriert. Auch die geschlechtsspezifische Erziehung zur Vorbereitung auf eher bislang von Männern ausgeübte Tätigkeiten und auf männliche Härte, auf das Weginszenieren von Schwäche und Unsicherheit usw. scheint Jungen zu “kleinen Helden in Not” zu machen. Das so betitelte Buch von Neutzling/Schnack rückt die Schwierigkeiten dabei in den Blick und dokumentiert einen deutlichen Nachteil von Männern. Er kommt im feministischen Urteil von “der Frau” als primärem und “eigentlichem” “Opfer der Gesellschaft” nicht vor. [14]

c) “Ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit”

Als weiteres zentrales Moment der Diskriminierung von Frauen gilt die “ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit”. Auch hier muß wieder gefragt werden, von was im einzelnen gesprochen werden soll.

“Generell gilt, daß die .Einkommensdiskriminierung umso geringer ausgewiesen wird, je enger die Stichproben abgegrenzt werden. Betrachtet man Frauen und Männer aus allen Bereichen der Wirtschaft, dann ist … eine höhere Einkommensdiskriminierung feststellbar als bei Frauen und Männern aus einer bestimmten Branche oder gar einem bestimmten Beruf. Wie die theoretischen Überlegungen gezeigt haben, sind jedoch Einkommensdiskriminierung und segregative Beschäftigungsstrukturen nicht unabhängig voneinander” (Lorenz 1993/ 141).

Renate Schubert (1993/37) wertet “jüngere empirische Studien” aus, die zum Ergebnis kommen, “daß bis zu 40% der geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede auf unterschiedliche Humankapitalausstattungen zurückgeführt werden können.” Schubert diskutiert dann “neben Unterschieden im Humankapital”, also der Qualifikation, “weitere Aspekte, die eine ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern rechtfertigten, ohne daß dies als Benachteiligung von Frauen zu interpretieren wäre” (ebd. 38). Sie nennt dabei zwei Aspekte:

Erstens die “Tatsache, daß Frauen in höherem Maß als Männer positive Nebenleistungen eines Arbeitsverhältnisses, wie etwa flexible Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen oder auch das Vorhandensein von Betriebskindergärten oder betrieblichen Frauenförderprogrammen, schätzen und bereit sind, hierfür ein geringeres monetäres Einkommen in Kauf zu nehmen”. Zweitens nennt die Autorin den bereits oben im Abschnitt über geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegmentierung angesprochenen Aspekt, “daß sich Frauen – bspw. wegen antizipierter Erwerbsunterbrechungen im Laufe ihrer Berufstätigkeit – auf Berufe konzentrieren, in denen wenig spezifisches Know-how verlangt wird und infolgedessen auch nur ein geringer unterbrechungsbedingter Verlust an Know-how eintreten wird. Solche Berufe sind aber typischerweise relativ schlecht entlohnt, wie z.B. die Berufe im sozialen und pflegerischen Bereich” (ebd.).

Schubert “versäumt” es, andere Gründe zu thematisieren, die dafür vorliegen, daß trotz Gleichheit Frauen geringere Einkommen realisieren, ohne daß es sich dabei um Diskriminierung handelt:

  • die Entwertung des Arbeitsvermögens durch längere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, die mit dieser Dequalifizierung einhergehende Abgruppierung bzw. das Ausüben eines Berufes, für den frau nicht ausgebildet war. Durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit verringert sich die Chance, in der Karriereleiter aufzusteigen.
  • das geringere Ausmaß, in dem Frauen gegenüber Männern Überstunden oder Schichtarbeit leisten bzw. Tätigkeiten verrichten, die aufgrund der besonderen Belastungen (Schmutz, Lärm) zuschlagspflichtig sind;
  • die von Arbeitsschutzgesetzen ausgehende Zutrittsschranke für körperlich schwere und zugleich vergleichsweise gut bezahlte Arbeit. “Nach dem deutschen Berufsschutzgesetz darf Frauen noch nicht einmal zugemutet werden, Lasten anzuheben, die schwerer als 15 Kilogramm sind” (Matussek 1998/17).
  • die geringere Beteiligung von Frauen an der Gewerkschaft(sarbeit), die zu einer geringeren Repräsentanz ihrer Forderungen führt, was wiederum nicht zur Mitarbeit einlädt;
  • die überproportionale Beschäftigung von Frauen in Klein- und Mittelbetrieben;
  • der höhere Anteil an Teilzeitarbeit,
  • der spätere Einstieg in die Konkurrenz auf Berufsfeldern, in denen zwar nicht der Bedarf, aber die zahlungsfähige Nachfrage schon weitgehend gedeckt ist. Ein Beispiel: Junge Ärzte beiderlei Geschlechts erzielen heute durchschnittlich ein geringeres (Real-)Einkommen als früher. Im Ärztestand, in dem die Neueinsteiger mit den Alteingesessenen zu einem Durchschnitt verrechnet werden, erzielen die Neueinsteiger ein unterdurchschnittliches Einkommen. Wenn nun der Frauenanteil bei jungen Ärzten besonders groß ist, trägt dies zu einem gemessen an den durchschnittlichen Ärzte-Einkommen geringeren Fraueneinkommen in diesem Stand bei, ohne daß sich dies aus einer Diskriminierung von Frauen begründet.
2. Zum Geschlechterverhältnis im modernen Kapitalismus und in der Modernen Bürgerlichen Gesellschaft

Soweit es sich in der Reproduktion des Arbeitsvermögens und bei der Betreuung und Erziehung der Kinder um Dienste handelt, die eine sehr interaktionsintensive und persönliche Beziehung erfordern, werden sie eher der Privatheit überantwortet. Zugrunde liegt der asymmetrischen Entwicklung von Produktion und diesen Diensten deren geringere Eignung als Anlagesphäre für Kapitale und eine Unterordnung dieser Sphäre gegenüber den Bereichen, in denen Kapitale sich (besser) verwerten können. [15] Diese Trennung und Asymmetrie fundiert das Geschlechterverhältnis in der kapitalistischen Gesellschaft. Es verdankt sich nicht einer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, vielmehr resultiert diese Ungleichheit aus der Gleichheit, die zwischen den Bürgern herrscht. Gleiches Recht abstrahiert vom Ungleichen. “Solange das Erwerbsleben zugeschnitten ist auf den Vollzeiterwerbstätigen, der weitestgehend frei von Familienverpflichtungen dem Betrieb mit ganzer Arbeitskraft zur Verfügung steht, werden Personen, die dies nicht können oder nicht wollen oder von denen nur erwartet wird, daß dies irgendwann der Fall sein könnte, Nachteile im Beruf in Kauf nehmen müssen” (Krombholz 1991/226). Die geschlechtsneutralen Imperative der Kapitalverwertung abstrahieren vom Interesse von Frauen, Erwerbsarbeit und Mutterschaft auf eine Weise zu verbinden, die sie gegenüber den Männern nicht schlechter stellt. Diese Imperative abstrahieren auch vom Interesse der Männer, einen intensiven Umgang mit Kindern und Erwerbsarbeit in ein gedeihliches Verhältnis zueinander zu setzen. Gemessen an geschlechtsneutralen Maßstäben wirkt sich die biologische Reproduktionsfähigkeit der Frau insofern zu ihrem Schaden aus, als sie als Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung steht, und Arbeitsplätze, die eine höhere Qualifikation, längere Einarbeitungszeiten, Erfahrung und Kontinuität erfordern, eher mit Männern besetzt werden. Frauen stellen ein “unternehmerisches Risiko” dar, solange sie Kinder kriegen und d.h. Schwangerschaftsurlaub, Wiedereinstellung usw. beanspruchen können. Auch Frauen, die sich keine Kinder wünschen, könnten es sich ja noch anders überlegen. Die Einstellungskriterien beziehen sich auf Maßstäbe, die nicht daher rühren, daß die Unternehmer Männer sind, sondern daß sie Kapitalisten sind. Auch Unternehmerinnen müssen so handeln.

Es bildet sich dann ein Kreislauf heraus, in dem die arbeitsbetreffende Schlechterstellung Frauen auf die häusliche Arbeit verweist. Wenn jemand bei der Versorgung des Nachwuchs die Arbeit aufgibt, so eher der- bzw. zumeist diejenige, die weniger an Einkommen nach Hause bringt. Der geringere ökonomische Wert der Hausarbeit stellt keinen Verstoß gegen das Wertgesetz, sondern seine Konsequenz dar. [16] Die vor allem von Frauen geleistete Be- und Erziehungstätigkeit weist selbst im Vergleich zu Dienstleistungen ein höheres Maß an Interaktionsdichte, Unvorhersehbarkeit und Sozialbezogenheit auf und eine geringere Produktorientiertheit und Durchrationalisierbarkeit. All dies wird kulturell-symbolisch noch überhöht und verfestigt.

Die nach Maßstäben abstrakter Arbeit wertförmig gerechte, vom Standpunkt der konkreten Arbeit ungerechte und abträgliche (Unter-) Bewertung von Erziehungs- und Hausarbeit ist nur ein Sonderfall einer Hierarchie zwischen den Arbeiten, die sich von den Verwertungserfordernissen des Kapitals her bestimmt. Für sie stellen viele gesellschaftliche Bereiche (Bildung, Gesundheit, Ökologie) zwar notwendige, aber kostspielige Abzüge dar, an denen nach Möglichkeit gespart wird. [17] Nicht, was die Arbeiten für die Entwicklung der Gattung bedeuten, sondern was sie für die Akkumulation des Kapitals wert sind, ist – verkürzt gesagt – das Kriterium.

Annahmemotive für die Beibehaltung des status quo liegen nicht nur in männlicher Vorteilsnahme (vgl. Hinrichs, Offe 1977) oder Kapitalinteressen an billiger Reproduktion der Arbeitskraft, an Frauen als Reservearmee, an Spaltung der Arbeitenden, an Mäßigung der männlichen Arbeitnehmer als Familienväter. Es läßt sich durchaus auch von Frauen eine Gegenrechnung aufstellen, die Kosten männlicher Selbstinstrumentalisierung, Leistungsorientierung, Abstraktion von sozialen Beziehungen zugunsten monokultureller Berufsorientierung betreffend.

Anscheinend werden im gegenwärtigen Erwerbsleben die Kompetenzen und Sinne zu einem pfleglichen Umgang mit sich und anderen weniger ausgebildet als außerhalb (vgl. a. Prokop 1976/67). Die Frauen haben also mehr zu verlieren als einen Status als Unterprivilegierte und es stellt sich als Problem, inwiefern sie mit der Teilhabe am Karrieremodell anderweitige Verluste erleiden.

Einzutreten ist für

  • eine drastische Arbeitszeitverkürzung, die es für Männer und Frauen erlaubt, neben der Erwerbsarbeit die gesellschaftlich und individuelle relevante Arbeit der Kinder-, Kranken- und Altenbetreuung zu erfüllen;
  • Einrichtungen, die, soweit von den Eltern erwünscht, Kinderbetreuung kollektiv gestalten [18], mehr Mittel für Kinderbetreuungsplätze und Ganztagesschulen sowie für deren Ausgestaltung über eine lieblose Aufbewahrungsanstalt hinaus,
  • die Gestaltung von Erwerbsarbeitsbedingungen nach Maßgabe ihrer Vereinbarkeit mit den Wechselfällen der Betreuung von Hilfsbedürftigen und Abhängigen,
  • eine Gestaltung der Erwerbsarbeit, in der die diskontinuierliche Teilnahme an ihr nicht automatisch auf minderwertige Laufbahnen verweist,
  • eine Überwindung der dem abstrakten Reichtum gehorchenden Erwerbsarbeit, in der aus jungen Arbeitskräften besonders viel herausgeholt wird, so daß sie besonderen beruflichen Anforderungen gerade dann unterliegen, wenn sie am dringendsten für Familienarbeit Zeit nötig hätten.
  • eine gesellschaftliche Kompensation der Ausgabensteigerung, die Kinder darstellen, so daß nicht mit Überstunden, Schichtarbeit, Nebenjobs usw. finanzielle Einbußen auf eine Weise aufgefangen werden müssen, die die “Erwerbsperson” der Familie entzieht;
  • eine eheunabhängige Vergütung und Alterssicherung von Erziehungs-und Betreuungsarbeiten, die der Altersarmut unter Frauen den Boden entzieht,
  • die Abschaffung der steuerlichen Privilegierung der Hausfrauenehe,
  • ein anderes Wohnen, das notwendig wird, wenn die Arbeit, Kinder in die Welt und nicht einfach nur in die Familie zu bringen, gesellschaftlich an Bedeutung gewinnt. [19]

Bei Männern ist eine Unterschätzung der Mühe und des Aufwands notorisch, den Hausarbeit und Kindererziehung machen. Diese Abwertung zu Recht zu kritisieren, unterscheidet sich ums Ganze vom Vorgehen, diese Abwertung einfach subjektiv den Männern zuzuschreiben, als ob diese nicht die gesellschaftlich durch kapitalistisch herrschende Maßstäbe begründete Ordnung der Arbeiten einfach nur sich subjektiv als ihr Motiv und als ihren Vorteil übersetzen. Aus dieser Übersetzung folgt nicht, daß Männer diese gesellschaftliche Ordnung der Arbeiten in Auftrag gegeben hätten. Es folgt auch nicht, insoweit Männer sich im Vorteil dünken, daß sie es sind. Daß man sich als “etwas Besseres” vorkommt, verweist eher darauf, daß man es nötig hat, wenigstens subjektiv in der Rangordnungsskala über anderen zu stehen. Auch Frauen ist diese Praxis alles andere als ungewohnt. [20]

Die formellen Machtvorteile, die dem Mann in der Beziehung bzw. der Familie zuteil werden, insofern er Allein- bzw. Haupternährer ist, und das entsprechende Paschagehabe zu Recht zu kritisieren, dies ist etwas anderes als die reale Machtverteilung in den Blick zu bekommen. Um Idealisierungen vorzubeugen, ist auf die durch das höhere Interaktionsgeschick und Empathievermögen ermöglichten Machtvorteile von Frauen hinzuweisen [21] sowie auf die ihnen eher sozial naheliegende Art der Aggression. Die “Techniken des indirekten, versteckten Einfluß-Nehmens und Dampf-Ablassens” sind hier ebenso Thema wie “das indirekte Kontrollieren der eigenen Kinder und des Ehemannes” als “einzig mögliches Ventil und Betätigungsfeld. Die Möglichkeiten, über Vorhaltungen, Klagen und Erzeugung von Schuldgefühlen doch noch “eigene” Ziele durchsetzen zu können und Macht ausüben zu können, werden durchaus genutzt. Sowohl durch negative Strategien (Nörgeln, Vorwürfe, Gereiztheit, demonstratives Leiden, Szenen) wie durch positive Strategien (Bestechung, Einsatz von Charme, Koketterie, Schmeicheleien) läßt sich eigene Ohnmacht teilweise kompensieren. Die Verhaltensweisen decken sich haargenau mit jenen Eigenschaften und Tätigkeiten, die patriarchale Denker und Dichter seit jeher als wahlweise Vor- oder Nachteile “des” weiblichen Charakters beschrieben haben” (Christiane Schmerl 1989/45). [22]

Als allgemeine für die Subjektitivätsformen in der modernen bürgerlichen Gesellschaft charakteristische Muster liegen dem Geschlechterverhältnis unter anderem der formell freie Wille und die Distinktion zugrunde. Daß Männer ihre historisch tradierte Oberhoheit in der Familie (bis 1976 noch mußten sie einwilligen, wenn die Frau erwerbstätig werden wollte – vgl. den alten § 1356 des BGB) mit realer Macht identifizieren, und dies auch im Feminismus oft so gesehen wird, dem liegt eine viel allgemeinere Verwechselung des formell freien und des wirklichkeitsmächtigen Willens zugrunde. Es kommt in der bürgerlichen Gesellschaft zu einer Dissoziation zwischen der Beanspruchung des Willens (in vielfältigen Entscheidungen und Fremd- und Selbstzurechnungen von Verantwortung) einerseits, der Fähigkeitsentwicklung andererseits, die zur Aufwertung des formell freien Willens und zum Stolz über ihn führt bei ungleich weniger stark ausgeprägter Aufmerksamkeit für die Implikationen und Voraussetzungen der Fähigkeits- und Sinnesbildung als Willensgrundlage und -inhalt. [23]

Die Distinktion, das Sich-Verorten im vertikalen sozialen, ästhetischen u.a. Vergleich mit anderen verweist auf die erst mit dem Kapitalismus verallgemeinerte Konkurrenz zwischen den Menschen. Es etablieren sich Ersatzhierarchien und -maßstäbe, mit denen die Verlierer in der gesellschaftlich entscheidenden Konkurrenz nun auf anderen Feldern sich schadlos halten und sich wenigstens in einer Hinsicht als “Gewinner” erfahren können. Und sei es nur imaginär. Erst in diesem Zusammenhang kann dann auch die durchschnittlich größere Körperkraft von Männern zentral werden. Für eine bestimmte Gruppe unter den Männern gerät sie zum letzten Halt, überhaupt noch mit irgendetwas gegenüber irgendwem im Vorteil zu sein und eine positive Distinktion zu erhalten bzw. sich zu verschaffen. Gesellschaftlich hat die Körperkraft und Gewalt durch die Veränderung der Produktion und die Technisierung des Kriegswesens stark an Relevanz verloren. Natürlich braucht es immer noch für bestimmte Aufgaben muskelbepackte Einzelkämpfer, aber der Panzer- oder Jetschütze erledigt eben doch das Meiste. Gewalt wird zu einer ganz formellen Weise der Selbstbehauptung (per Unterwerfung eines oder einer anderen) gerade für diejenigen, die mit ihren Fähigkeiten und Vermögen in dieser Welt wenig bewegen können. Vergewaltigung ist gerade kein charakteristisches Symbol für das allgemeine Verhältnis zwischen den Geschlechtern, wie dies manche feministische Agitation suggeriert. “Wer wirklich darauf aus ist, eine Frau mit Gewalt zu nehmen, wird von dieser Frau sicher als Machthaber erlebt, ist es aber außerhalb dieses einen Bereichs gerade nicht. Viele Vergewaltiger gehören zur Gruppe der Männer, die überhaupt keine soziale Stellung innerhalb der Gesellschaft bekleiden, die sich selbst als Versager erfahren, als Ausschuß. Ihre Aggressionen über das, was ihnen die Gesellschaft angetan haben soll, können sie an denen abreagieren, die als Opfer am ehesten in Betracht kommen, also an Frauen” (Meulenbelt 1988/249).

Daß der Status als Mann auf dem Spiel steht, wenn er sonst nichts anderes sozial hat, gilt für Mittelschichtsmänner weniger als für jene, die sozial im hohen Grad unter ihrer Deklassierung leiden. “Wer einen hohen sozialen Status besitzt und von Dienstbarkeit umgeben ist, kann sich den Luxus erlauben, “seiner” Frau den Freiraum zu lassen, ihr eigenes Leben zu leben, ohne sich angegriffen zu fühlen. Männer aus der Mittelschicht beginnen die Vorteile der Frauenmanzipation zu entdecken (sie brauchen weniger Alimente zu bezahlen, die Beziehungen zu Frauen sind interessanter, sie haben mehr Zeit für die Kinder, müssen nicht nur hart arbeiten und Leistungen erbringen). Das resultiert letztendlich aber nur aus der Tatsache, daß diese Männer sehr viel weniger Angst haben müssen, ihr Gesicht zu verlieren, denn ihr Status und ihr Selbstwertgefühl als Mann stehen nicht wirklich auf dem Spiel” (Meulenbelt 1988/262).

Gesterkamp/Schnack (1998/104ff.) beschreiben, wie sich zwischen den Eltern eine geschlechtsspezifische Polarität reproduziert. Väter sind in der Rolle des Haupternährers der Familie aufgrund langer Arbeit- und Wegezeiten den Hauptteil der wachen Zeit ihrer Kinder abwesend, kennen ihren Alltag nicht, sind wenig mit ihnen in Kontakt. So verstärkt sich eine Unsicherheit den Kindern gegenüber, die bereits beim eigenen Vater existierte. Man kann den Vater “mit Recht lieblos und desinteressiert finden; in seiner eigenen Geschichte erscheint er hingegen als ein Mann, der um seine Liebe betrogen worden ist.” Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer ein Problem dar. “Mütter sind in der Gefahr, die Verankerung im Berufsleben zu verlieren. Väter sind in der Gefahr, die Verankerung in ihrem eigenen Privatleben zu verlieren” (107). “Die wenigsten Männer trauen sich zuzugeben, daß die alltägliche Erziehungskompetenz weitgehend in den Händen ihrer Frau liegt. Sie kennen sich in den vielfältigen Netzwerken und Kontakten nicht aus, die Mütter herstellen, um den Alltag mit Kindern zu organisieren. Sie … wissen nicht, welche Konflikte in der Schulklasse ihres Kindes bestehen. Sie kennen sich einfach zuwenig aus, um qualifiziert mitsprechen zu können” (108). Zugleich ist die familiale Bedeutung des Vaters meist an den finanziellen Beitrag gebunden, den er maßgeblich für die Existenz der Familie leistet. “Ein Teufelskreis: je mehr er sich in der Außenwelt anstrengt, um so weniger bleibt von ihm in der Innenwelt, was ihn zu weiteren Anstrengungen draußen animiert” (112). Diese Anstrengungen beinhalten aber ein Maß an Erschöpfung, das wiederum eine “kompetente” Teilnahme am Familienleben fast verunmöglicht. Die kapitalistisch begründete gesellschaftliche Prioritätenordnung zwischen den Arbeiten verunmöglicht also nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer, Arbeit und Leben mit Kindern auf eine gedeihliche Weise miteinander zu vereinbaren. Für beide Geschlechter bedeutet es eine Überforderung, das Zusammenleben zwischen verschiedenen Generationen und Erwerbstätigkeit zusammenzubringen.

3. Das Verschwinden des Patriarchats

Gerade wer das gegenwärtige Geschlechterverhältnis von patriarchalen Verhältnissen in früheren Gesellschaften unterscheidet, kann zwar aus der (hier einmal mit vielen Vertretern des Feminismus unterstellten und nicht eigens infragegestellten [24] Annahme der) Kontinuität patriarchalen Denkens über Jahrtausende hinweg eine eigene formelle Verwandtschaft frauenfeindlichen Denkens und eine Trägheit und Beharrungskraft von Mentalitäten jenseits ihres sich wandelnden gesellschaftlichen Grundes thematisieren, gewissermaßen die Bestätigung durch Wiederholung und Wiedererkennung feststellen, muß aber zugleich den zentralen materialen Bruch gegenüber dieser Tradition markieren.
Arbeit i.w.S. bildet eine Voraussetzungsstruktur für patriarchale Verhältnisse, deren Aktualisierung und Ausgestaltung dann weit kompliziertere, z.B. religiöse Artikulationen durchläuft, von denen ich im weiteren absehe. [25] Zentrale mit Arbeit verbundene Voraussetzungen patriarchaler Verhältnisse vor der bürgerlichen Gesellschaft sind:

  • der wehrhafte Schutz der Gruppe durch die (an Körperkraft überlegenen) Männer,
  • die (aufgrund ihrer größeren Körperkraft) schon in den wildbeuterischen Gesellschaften (Müller 1984/29) den Männer vorbehaltene Jagd,
  • die Einschränkung des Bewegungs- und Aktionsradius der Frau durch Schwangerschaften und Stillzeiten und die damit begründete Bindung an Lager, Haus oder Siedlung,
  • die den Männern zufallenden “anstrengenderen, ihre Kräfte rascher verschleißenden – und überdies auch gefährlicheren Tätigkeiten (Arbeiten in Holz, Stein und Metall, Hetzjagden zu Fuß”) (Müller 1984/36) [26],
  • die in bäuerlichen Gesellschaften den Männern aufgrund größerer Körperkraft zufallende Feldarbeit [27], mit der die Männer “ohne jede Frage den Hauptbeitrag zum Unterhalt leisten” (Müller 1984/60),
  • die den Männern vorbehaltene Arbeit in Holz, Knochen, Stein und Metall oder Erde bringt eine größere Stabilität und Haltbarkeit der Produkte mit als die Produkte der Frauen (bspw. Nahrungsmittel, Flechtwerk, Textilien, Keramik). “Das aber bedeutet, daß sie einmal eher vererbungsfähig sind und zum andern länger Bestandteil des Geschenkeaustauschs bzw. der Warenzirkulation insgesamt sein können, was beides zur Erhöhung ihres Wertes beiträgt, ganz abgesehen davon, daß ihnen zumeist ja auch noch eine nicht unerhebliche Bedeutung als wichtigen Produktionsmitteln zukommt (Waffen, Boote, Beile, Hacken, Pflüge usw.)” (Müller 1984/65),
  • die schon mit der Jagd verbundene Möglichkeit, “sich mehr und mehr aus dem engeren Lagerbereich und seinem Umkreis zu lösen” (Müller 1984/381), die damit verbundene Entwicklung der Beweglichkeit und die “vor allem aufgrund ihrer mehr peripheren Tätigkeitslokalisierung entschieden reichere Möglichkeiten, Zugang zu neuen Erfahrungen und weiterführenden Erkenntnissen zu bewinnen, die sie dann … leichterhand zu monopolisieren und einseitig zu ihrem Vorteil zu nutzen vermochten” (Müller 1984/41). Dies ermöglicht die von Müller (1984/114) in “israelitischer, frühchristlicher, hinduistischer oder islamischer Auffassung” gefundene Annahme, Frauen hätten geringere Intelligenz und geringere geistige Interessen.

Die den Männern vorbehaltene Befassung mit dem Außenraum, beginnend mit der Jagd, bildet ein weiteres Moment zur Entstehung patriarchaler Herrschaft. “Die ausgedehnteren Streifzüge ins fernere Umland mit seinen Geheimnissen, Wundern, Schrecken und Gefahren boten der Einbildungskraft an sich schon Anlaß zu übersteigerter Empfindsamkeit und Stoff zu phantastischen Ausdeutungen des Erfahrenen genug. Die Tiere, auf die man es dabei abgesehen hatte, schienen dem Menschen zudem wesensverwandt. Die Übereinstimmungen auf der einen in Kombination mit den besonderen Andersartigkeiten auf der andren Seite verliehen ihnen gleichzeitig übermenschliche, quasi jenseitige Qualitäten.” Die Tiere “zu überlisten und zu töten muß nicht nur in hohem Maße riskant erschienen, sondern hatte auch entsprechende Gaben, Fähigkeiten und Mittel, ja nicht zuletzt das Einverständnis der Jenseitsmächte zur Voraussetzung” (Müller 1984/385). Besonders den Gefahren ausgesetzt, entwickelten “die Männer … die notwendigen übergewöhnlichen, d.h. magischen Mittel und Techniken, die es ihnen erlaubten, ihr Wirkvermögen im erforderlichen Maße zu erhöhen, und fanden Wege, in Kontakt mit den transzendenten Mächten zu treten” (ebd.). Im Kampf mit den Gefahren erwuchsen “den Männern in Ahnen, Geistern und Göttern zugleich auch die mächtigsten Alliierten, die der Mensch sowohl gegenüber seinesgleichen als auch im Kampf mit der Natur überhaupt zu gewinnen vermag” (ebd. ) und es liegt nahe, aufgrund der eigenen Nähe zu den Jenseitsmächten “die Frauen von der Exosphären, den Sakralstätten, dem Kult und dem heiligen Wissen fernzuhalten” (ebd.) und auch so Superiorität zu legitimieren und auszubauen. [28]

Diese zentralen Resonanzböden für patriarchale Strukturen zu identifizieren, bedeutet nicht deren Verdopplung durch die These, Männer seien nun einmal das stärkere Geschlecht. Daß bestimmte mit kurzfristig mobilisierbarer stärkerer Körperkraft verbundene Arbeiten entscheidende Vorteile und entsprechende Mentalitäten und Selbstthematisierungen [29] ermöglichen, war das Thema. “Kriterien wie Ausdauer, Beständigkeit, Durchhaltevermögen, Belastbareit über längere Zeiträume hin und psychische Widerstandsfähigkeit … fallen dabei nicht ins Gewicht” (Müller 1984/117). Weiterhin ist das sich an die Arbeiten ankristallisierende Dominanzverhältnis von Männern gegenüber Frauen nicht einfach Ausdruck der effizienter durch Männer möglichen Erledigung der betreffenden Arbeiten. “Männer fällen Bäume nicht nur, weil sie den Frauen an Kraft überlegen sind, sondern auch und wohl mehr noch, um dadurch immer wieder aufs neue den Beweis dafür zu erbringen, um ihrem Anspruch also ständig erneut Legitimität zu verleihen” (Müller 1984/117).

Als “zentraler Schlüsselbegriff” für das Geschlechterverhältnis tritt weiterhin das bis in die “vorindustriezeitlichen Hochkulturen” herrschende “Postulat von der wesensinhärenten Unreinheit der Frauen” hinzu. “Die eigentliche Basisinstanz, auf die sich die Thesen von der weiblichen Unreinheit letztendlich immer wieder beziehen, bildet das Menstruationsphänomen” (Müller 1984/102). Auf einen geringen Stand der Naturaneignung bezogen “legte die Natur des Vorgangs … die Annahme nahe, daß ein Teil des weiblichen Blutes irgendwie “unrein” sei bzw. derartiges unreines Blut im Körper der Frauen immer wieder aufs neue entstehe und daher, ähnlich wie beim Verdauungsprozeß gewewsermaßen die Schlackenstoffe der aufgenommenen Nahrung, von Zeit zu Zeit abgeführt werden müsse” (ebd.). Dem unentwickelten Stand der Naturaneignung ist eine Orientierung immanent, die statt Naturgesetzen Kontakte und Berührungen, Nachbarschaften und magische Kräfte als wirkmächtig unterstellt. Das Unwissen um die wirklichen körperlichen Vorgänge hängt zugleich nicht allein an der mangelhaften gesellschaftlichen Naturaneignung, sondern auch an den damit verwobenen sozialen Vor(ur)teilen. “Ob in Indien, den Ländern des Mittleren und Nahen Osten, im Mittelmeerraum oder selbst in Europa – überall ist die Auffassung noch weithin verbreitet, daß der monatliche Blutfluß der Frauen eine Quelle der Verunreinigung darstellt und eine zerstörerische Ausstrahlungskraft besitzt. In England zeigten sich noch vor rund hundert Jahren sogar Ärzte davon überzeugt, daß die Anwesenheit menstruierender Frauen etwa Milch und Fleisch verderben lasse und die Gärung des Weins verhindere. Anfang dieses Jahrhunderts untersagte eine Verordnung den Arbeiterinnen französischer Raffineriebetriebe, während ihres Unwohlseins die Fabrik zu betreten” (Müller 1984/105). Müller bringt in seinem Buch breites Beispielmaterial quer durch die verschiedenen Gesellschaftsformationen.
Mit der modernen Gesellschaft verringern sich zumindest in den Metropolen jene Bedingungen, an die sich traditionale patriarchale Verhältnisse ankristallisieren können:

  • Die Muskelkraft verliert angesichts der Technisierung an Bedeutung. Auch wenn sie nicht völlig funktionslos wird (und in der Erwerbsarbeit eher wenig geachteten Tätigkeiten vorbehalten bleibt), hängt die Nutzbarmachung der Natur nicht mehr zentral an ihr. Die Bedienung von Maschinen ist auch weniger kräftigen Menschen möglich.
  • Die Zahl der Schwangerschaften und Stillzeiten verringert sich (bzw. das Stillen wird durch vorgefertigte Babynahrung ersetzt), so daß Frauen bei stark verlängerter Lebenszeit in ungleich geringerem Maße als früher von Kindern okkupiert sind. Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbruch geben den Frauen eine größere Kontrolle über ihre Gebärfähigkeit. Die körperlichen Vorgänge sind bekannt und geben keinen Anlaß zu Mystifizierungen.
  • Väter haben weniger Ausstrahlung oder “Weisheit” und weniger Monopol auf die Erschließung und Eröffnung des Außenraums. (Vgl. Mitscherlichs “Vaterlose Gesellschaft”.)
  • Persönliche Abhängigkeiten weichen geschlechtsneutralen “Sachzwängen”.
  • Aufgrund des Funktionsverlusts von Körperkraft und unmittelbarem Kampf entsteht – allerdings für (schließlich (!)) beide Geschlechter – der Sport als eine vom Alltagsleben getrennte Sphäre, in der diese Tugenden noch eine Rolle spielen.
  • Die Außenwelt ist durch die gestiegene Berufstätigkeit, Bildung und Reisetätigkeit von Frauen keine den Männern vorbehaltene, und von ihnen dann zu mystifizierende Sphäre.
  • Auch eher “weibliche” Domänen (z.B. Krankenpflege) unterliegen zunehmend harten Effizienzgesichtspunkten. Umgekehrt wird Führungsverhalten durch die Hineinnahme nicht unmittelbar “männlicher” Tugenden (Interaktionsgeschick, Teamfähigkeit, “lerne, solidarisch zu konkurrieren” usw.) nicht aufgeweicht, sondern effektiviert. Die Qualifikationscollage geht immer mehr in die Richtung einer Synthese “männlicher” und “weiblicher” Fähigkeiten.

“Mit der Ausbreitung der Praxis der Geburtenverhütung, der weitgehenden Gleichstellung von Frauen im Ehe- und Familienrecht und dem generell gestiegenen Einkommensniveau erodierte der ökonomische Zwangscharakter der Ehe. Insgesamt haben ökonomische Expansion, Bildungsexpansion und formalrechtliche Gleichstellung alte Legitimations- und Stabilisierungsmuster geschlechtlicher Arbeitsteilung außer Kraft gesetzt” (Knapp, Metz-Göckel 1999/364).

4. Die Idealisierung der Frau in Mutterschaft, Zwischenmenschlichkeit und Familie

Einer vom Gleichstellungsgedanken abweichenden Spielart des Feminismus folgend sind “viele Feministinnen” zu der Auffassung gekommen, “daß nicht länger der Kampf um Rechtsgleichheit für Frauen im Vordergrund stehen sollte: Statt dessen treten sie dafür ein, auf einer weiblichen Differenz zum Mann, auf den von Frauen entwickelten Eigenschaften der Fürsorglichkeit, Mitmenschlichkeit und der zwischenmenschlichen Verantwortlichkeit zu beharren. … Die Strategie der Differenz setzt auf Mütterlichkeit/Weiblichkeit, weibliche Gegenkultur und zwischenmenschliche Moral, Verweigerung der Angleichung an männliche Prinzipien in Beruf und Ökonomie” (Christiane Schmerl 1993/20). Bei Jessica Benjamin (1982/447) wird die Mutter als Vertreterin von “Liebe und gegenseitiger Anerkennung”, von “Sorge, Pflege und Aufrechterhaltung des Wachstums Anderer” in einer “Subjekt-Subjekt-Relation” zum Kind gewertet. An die Zwischenmenschlichkeit werden Hoffnungen geknüpft, die sich auf eine Veränderung wesentlicher Formen der Gesellschaft beziehen. Der Besitzindividualismus und die subjekthafte Selbststilisierung zur autonomen Persönlichkeit sollen H. E. Richter (1974/74ff.) zufolge durch eine in der Zwischenmenschlichkeit bereits angelegte Orientierung auf die Verwirklichung zusammen mit anderen Menschen abgelöst werden. Mit der Zwischenmenschlichkeit existiere eine alternative Lebensweise [30] zur monologisch-instrumentellen männlichen Orientierung. Letztere liege dem “Wachstumswahn” und “Produktivismus” zugrunde. [31] “Die Frau” erscheint vielen Feministen zudem insgesamt als das “friedlichere Geschlecht”.

Das Ausspielen der Ideale und Fähigkeiten aus der Zwischenmenschlichkeit, der Familie [32] und der Mutter-Kind-Beziehung gegen die der Erwerbsarbeit eigenen Ideale und Fähigkeiten ist ein alter Stützpunkt des Feminismus. In der hier gebotenen Kürze läßt sich der Fehler dabei als Verabsolutierung des Unterschieds zum Antagonismus bei Unterbestimmung der Einheit der beiden voneinander sich unterscheidenden Sphären charakterisieren. [33] Daraus, daß es in der Zwischenmenschlichkeit, der Familie und der Mutter-Kind-Beziehung anders zugeht als im Erwerbsleben oder in der Politik, folgt zwischen beiden Seiten kein Verhältnis der Alternative. Das individuelle Interesse an der Entwicklung des Kindes bspw. als Interesse am “emotionalen und geistigen Wachsen” (Miller 1976/66f.) zu fassen, ist eine Abstraktion, die die mütterliche Teilhabe an den für die Subjektivität in der gegenwärtigen Gesellschaft charakteristischen Abstraktionen übergeht. Daß eine Mutter ein intensiveres, persönlicheres, eingehenderes Verhältnis zu ihrem Kind pflegt als bspw. der Vorgesetzte zu seinem Untergebenen oder der Kunde zum Kassierer, mit dieser äußeren Unterscheidung sind noch nicht die Motivgründe, Zwecke und Verlaufsformen mütterlicher Zuwendung in den Blick genommen. Bei ihr kommt es neben allen richtigerweise gesellschaftlich zu würdigenden und entsprechend auch materiell zu unterstützenden Fähigkeiten und Sinnen eben auch zu den zur bürgerlichen Gesellschaft passenden Vereinnahmungen, Funktionalisierungen und Formungen des Kindes, die in jeder halbwegs passablen Psychotherapie wenigstens nominell Thema sind. Die gesellschaftlich-materiale (nicht unbedingt: imaginär-kulturelle) kritikable Minderbewertung der Mutter-Kind-Beziehung ist nicht – sozusagen per Umkehrschluß – mit deren Idealisierung zu beantworten. Die Klage über die Mühe, die die armen Müttern auf sich zu nehmen gezwungen seien, übergeht den psychischen Gewinn, den sie von ihrer gewiß auch beschwerlichen Arbeit haben. Ein Gewinn, der nicht notwendig mit einem Gewinn des Kindes einhergehen muß. [34] “Meist ist die Mutterliebe eine seltsame Mischung aus Narzißmus, Altruismus, Traum, Aufrichtigkeit, Unaufrichtigkeit, Hingabe und Zynismus” (Beauvoir 1968/497).

“Die Bindung, die sie (die Mutter – Verf.) mit dem Kind und mit jedem weiteren, das hinzukommt, eingeht, bedeutet gesellschaftliche Isolation; doch wird diese kompensiert durch eine Erweiterung ihrer Ich-Grenzen um die Person des Kindes. Die Fesseln, die Müttern so gut stehen, weil sie als hingebungsvolle Verpflichtung anerkannt sind, verdecken nur den Willen zur Macht. Als Putzlappen, Krankenschwester, Seelenmülleimer, als Sozial- und Intensivstation für psychische und physische Gebrechen hat sich die Mutti eine Position der Schwäche und Abhängigkeit erwählt, in der sie Tugenden wie Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Selbstbeschränkung, Treue und Verläßlichkeit, kurz: eine vorbehaltlose Hingabe ausspielt als einen Akt der Vergeltung. Sie erzeugt ein Soll bei den durch ihre Opfer Beschenkten, das diese nie und nimmer abbauen, geschweige denn ihr heimzahlen können; und sie wacht darüber, daß das Defizit erhalten bleibt. Zu ihrer äußeren Unentbehrlichkeit kommt also für die Kinder der unauflösliche Klebstoff des schlechten Gewissens” (Dorothea Dieckmann 1995/58).

Der Feminismus enthält die Tendenz, die ganz normale Teilhabe von Frauen an den Subjektivitätsformen der bürgerlichen Gesellschaft zu übergehen. Daß Frauen ebenso wie Männer u.a. andere Menschen für sich instrumentalisieren, daß gerade Mütter sog. nicht-männliches Verhalten bei Jungen negativ sanktionieren, gerät dann ebenso in den Hintergrund wie simpelste Tatsachen, die das Klischee von Frauen als dem “friedlicheren Geschlecht” widerlegen. [35] Starke Tendenzen im Feminismus sind assoziiert mit einer ebenso latenten wie notorischen moralischen Überheblichkeit. “Als Gegengewicht gegen das harte Geschäftsleben brauchte man die heile Welt der Familie, wo Kinder naiv und unschuldig, Frauen fromm und empfindsam waren. Auf diesen zugeteilten Heiligenschein verzichten die Frauen bis heute nicht. Zur Hilfe kommt ihnen dabei ihre nachweisliche historische Unschuld. Sie waren in der Regel auf der Seite der Opfer und ohne Souveränität. Wer nichts zu sagen hat, kann auch nichts falsch machen – daraus auf menschlich-moralisch höhere, ja auch nur ganz andere Anlagen zu schließen, wie es in der Frauenbewegung seit eh und je üblich ist, führt aber auf gefährliche Abwege… Es ist offenbar schwer, eine Rebellion vernünftig zu machen, und die Voraussetzungen, die die bürgerlichen Frauen mitbringen, sind besonders schlecht. Ich denke, es war ein Unglück, daß sie sich ihr Entree ins Berufsleben und die Öffentlichkeit mit nichts als mit moralischer Arbeit haben verdienen müssen. Als Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen, Schwestern, Fürsorgerinnen hatten sie es mit Unwissenden, Unmündigen und Abhängigen zu tun; das schadet unter Umständen dem Charakter, leistet aber in jedem Fall konservativ-unkritischer Überidentifikation mit den Normen und Werten der hegemonialen (also bürgerlichen) Kultur Vorschub. … Irgendwann, hoffe ich, werden die Frauen ihre falsche Unschuld aufgeben können, und man wird merken: Ganz normale Menschen” (Rutschky 1988/25ff.).

Ich will im folgenden auf den Zusammenhang von Frauen zur ihnen bisher in besonderem Maße als Aktivitätsdomäne vorbehaltenen Zwischenmenschlichkeit eingehen. Gerade dadurch, daß die Zwischenmenschlichkeit unmittelbar die Alternative zum von den Menschen weitgehend abstrahierenden Erwerbsleben darstellt und dies nicht gelingen kann, aber gelingen muß, kehrt sich das zwischenmenschliche Wohl und Heil gegen die Individuen. Konfliktverleugnung, Harmonisierung, Pseudo-Gegenseitigkeit, privatsprachliche Familienwelten und Heuchelei ergeben sich, wenn sie Menschen einander zwischen-menschlich die negativen Folgen der gesellschaftlichen Welt auszugleichen versuchen, aber weder über die Mittel noch über das Verständnis verfügen. Wenn sie schließlich füreinander verantwortlich und für ihr Glück zuständig sind, schreiben sich die Mitmenschen die Schuld an unglücklichen Lebensverhältnissen zu und machen sich gegenseitig für das Ausbleiben des Glücks haftbar und sich selbst ein schlechtes Gewissen. In Namen der Familiarität nehmen die Mitglieder der Familie gegeneinander Partei, insofern der jeweils andere als Hindernis zur Erreichung dieser Gegenwelt oder zumindest dieses Paralleluniversums erscheint. Die oben festgehaltenen Funktionalisierungen des Kindes durch die Mutter sind in diesem Zusammenhang nicht allein als individuelles Fehlverhalten zu begreifen. Nicht die individuelle Therapie oder Erziehungsberatung kann sie auflösen. All dies gleicht eher dem Unternehmen, der Hydra einen Kopf abzuschlagen, während andere bereits nachwachsen. “Wie ihre nichtmütterlichen Leidensgenossen, die Therapie- und Religionsersatzsuchenden, die Berufsaus- und -umsteiger, die Vereinsmeier, die Häuslebauer, die sozial motivierten Reisenden und die Auswanderer mit Pionierromantik, mauern sich die Muttis ideologisch ein, um der Normierung zu entgehen, die ihrem Leben den Sinn aussaugen will. Sie wollen es anders machen, und anders, das heißt eben: besser. … Entsprechend streng sind die Zulassungsbedingungen, die Qualitätskontrollen und die Sanktionen auf der Insel der Auserwählten” (Dieckmann 1995/29). Im “permanenten Zusammenglucken”, in der “eifrigen (Selbst-)Bestätigung” kommt es zur mit “gegenseitiger Kontrolle und Stigmatisierung von Abweichlern erkauften Nestwärme” (ebd.). Die Gestalterinnen des “Mutterlands” “füllen das vom gesellschaftlichen Geschehen abgeschlossene Vakuum mit allem, was sie zu fassen kriegen. Kein Rätsel ist ihenn zu rätselhaft, keine Ungeheuerlichkeit zu ungeheueerlich, keine Katastrophe zu katastrophal. Das Allgemeine wird angeeignet, indem seine Komplexität aufs häusliche Maß reduziert” wird (Dieckmann 1995/35. Vgl. zur “Gemütlichkeit” auch Negt, Kluge 1981/1209f.).

Für die Familie gilt: “Nirgendwo sonst kann ein Mensch gefahrlos nach seiner Stimmung und Laune handeln, als in der Familie. Und nirgendwo sonst hat sein Lebensgefühl eine so abgeschlossene und zugleich anerkannte Wirkung auf andere” (Pfreundschuh 1984/41). Dem liegt die Konstitution des Elternbündnisses als Antwort auf eine Welt zugrunde, in der die Eltern als einzelne nicht sich “voll” bestätigt fühlen, während sie dies in der “Beziehung” in einer Weise zu erreichen meinen, die sich in Intensität und Umfang von anderen Kontakten unterscheidet, weshalb dann diese so herausgehobene Beziehung auch als “die” Beziehung gilt. Diese Erfüllung ergibt sich aber nicht anders als durch eine wenigstens partielle Neukonstitution der Individuen zu Momenten eben der Beziehung. In der gelingenden Liebesbeziehung gewinnen sich die Menschen aneinander und durch einander. “Sie äußern sich so, wie sie verstanden werden, sie vergegenständlichen sich, wie sie füreinander Gegenstand sind” (Pfreundschuh 1984/40). “Was dem einzelnen zu äußern nötig ist, gilt für die andern eben nur als daseiende Äußerung. So wird ihnen ihre Äußerung zugleich äußerlich. Dem einzelnen ist das zueigen, was ihm in der Beziehung anf andere fremd ist. Was er für sich bildet, ist ihm durch andere zugleich genommen” (Pfreundschuh 1982/43). Der in der Beziehung Bestätigte ist durch andere bestätigt, aber nur insofern der andere auch der andere der Beziehung ist. “”Aufgehoben” sind sie nicht “beim andern”, sondern in dem “Beieinander”. Oder: Sie leben nicht “mit dem anderen”, sondern im “Beieinander”. Nicht “auf” den anderen sind sie bezogen, sondern auf die “Beziehung”.” “Das Individuum, das zunächst ganz auf sich selbst gestellt war, hat aufgehört, sich selber anzugehören, und ist, infolge seines Versuchs, sich seiner selbst gewiß zu werden, der Angehörige eines Verhältnisses geworden” (Boettcher-Achenbach 1984/150). Die oben angeführte positive Inanspruchnahme der Zwischenmenschlichkeit als Gegenprinzip übergeht nicht nur die Schwierigkeiten, die die Zwischenmenschlichkeit den Menschen bringt, sondern unterschlägt auch, wie sie ins Gefüge der verschiedenen Sphären dieser Gesellschaft involviert ist.

Die Mystifikationen und Verkehrungen der Zwischenmenschlichkeit sowie die Schwierigkeiten für die Orientierung in ihr liegen darin, daß hier das Tun des einen das Tun des anderen ist. Ich nehme den anderen sinnlich wahr, aber ich habe mich auch an ihm wahr, habe etwas von meiner Wahrheit erst an ihm und durch ihn, so wie ich ihn wahrnehme und mich dabei empfinde. Aber auch er nimmt und hat mich wahr. Die Rückkoppelungsschleifen verschlingen sich ineinander. In ihnen eröffnen sich unendliche Zuschreibungs- und Interpretationsmöglichkeiten. Diese eigenen Probleme der Zwischenmenschlichkeit [36] zeigen, daß sie nicht einfach, wie im Feminismus beliebt, gegen das Subjekt-Objekt-Verhältnis als Alternative gehalten werden kann, als sei sie nicht das niveaugleiche Gegenstück oder die Ergänzung.

Indem jedes der beiden Individuen in “der Beziehung” eine wenigstens imaginäre weitgehendst mögliche Bestätigung und Resonanz für sich findet und sich so einfindet, daß diese Beziehung möglich ist, ereignet sich das “Wunder”, wenigstens in diesem Mikrokosmos als einzelner allgemein sein zu können. Dies verstärkt sich noch in dem Maße, wie die Liebenden nach Maßgabe ihrer Welt eine kleine neue Welt schaffen. Sie materialisiert sich in Kinder bzw. muß sich in ihnen materialisieren. Ihnen wachsen die Bedeutungen zunächst so zu, wie sie in der persönlichen und zwischenmenschlichen Welt der Eltern hatten entstehen können. Dann gilt: “Jede Person gilt sich selbst als eigenes Wesen durch das Wesen anderer, im Unterschied zur Eigenschaftlichkeit anderer Menschen. … Die Identität des Eigenen im Gemeinen hat die individuelle Allgemeinheit, das individuelle Wesen als Allgemeinwesen. Das menschliche Wesen erscheint nun überhaupt als Person der Familie. … Somit wird jeder Sinn und jede Liebe zur Selbstliebe, denn jede Person hat sich in einer Allgemeinheit, die in der Familie gewärtig ist und worin jeder die Selbstverständlichkeit seiner selbst als Lebensform hat. Das Geliebtsein ist identisch mit der liebenden Beziehung und von daher ist ein Zwischenmensch geboren, der keinen Unterschied mehr zwischen sich und anderen erkennen kann. Narziß hat sein Leben gefunden” (Pfreundschuh 1979/5).

Familie ist die Heimat der Zwischenmenschen, bringt erst Privatpersonen hervor, insofern sie das Gattungswesen i n den Individuen aufgehen läßt. Sie brauchen nicht ihre Innenwelt zu überwinden, sondern haben diese unmittelbar vergemeinschaftet. Diese Vergemeinschaftung hat sich nur so ergeben können, wie es in der Familie zusammenpasste. Probleme gibt es dabei besonders für die Kinder, werden sie doch nicht “auf die Welt gebracht, sondern vor allem in eine Familie gesetzt” (Pfreundschuh 1984/40). Die Arbeit an diesem Unterschied ist den Individuen ebenso aufgegeben wie erschwert, hat die Familienwelt doch schon zeitlich einen Vorsprung und ist in die Individuen hineingewachsen. Es gibt “nicht nur die alle Mitglieder einer Gesellschaft miteinander in einem gemeinsamen Bewußtseinshorizont verbindende Wirklichkeitskonstruktion des Alltagsweltwissens …, über das jedermann sich in der Umgangssprache mit jedermann verständigen kann, sondern … in den verschiedenen Familienwelten (liegen) spezifischere Wirklichkeitskonstruktionen vor, die gar nicht so einfach mit der Fiktion eines gesamtgesellschaftlichen Alltagswirklichkeit in Einklang zu bringen sind, weil sie einen einzigartigen, privaten Charakter haben, der auch ihre schlichte Mitteilbarkeit und Zugänglichkeit für andere erschwert” (Loch 1975/338f. – vgl. auch Berger, Kellner 1965/225). Was vielen Feministen als lobenswerte besondere Beschäftigung von Frauen mit Zwischenmenschlichkeit und dem emotionalen Wachstum erscheint, erscheint aus dem hier entfalteten Kontext als besondere Arbeit und Aktivität der Frau dabei, die Familiarität zu schaffen, zu erhalten und auszubauen. Die Frau ist meist das Subjekt der inneren Familie und trägt die sich mit ihr verbindenden Mystifikationen und psychopathologischen Entwicklungen aktiver als der Mann. Es wird nur mit entsprechend großer individueller Arbeit gewiß, wie die Eigentümlichkeit der jeweiligen Familienwelt späteres Handeln konturiert. Spitzenphänomene der jeweiligen Familienwelt mögen erkennbar sein, sie selbst aber ist in ihrer Unauffälligkeit eingesogen mit der Muttermilch, erscheint als selbstverständlich. Die Familienbande erhalten sich auch dadurch, daß sie als Struktur und Lebensraum verschwinden, in den Sinnen aber fortexistieren. Wenn die Zwischenmenschlichkeit schon zwischen Erwachsenen eine verwirrende Wendung der eigenen Existenz bedeutet, so steigert sich dies noch im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Letztere erscheinen als immer latent undankbare Nutznießer dieses Verhältnis. [37] Andererseits erlauben Kinder Eltern, mindestens in der Familie und wenigstens eine Zeit lang Subjekt zu werden. Die Eltern haben Ideen und Ideologien, mit denen sie sich als Menschen erfahren, von denen wirklich etwas abhängt. Für Mütter, die diese Gewißheit nicht in anderen Arbeiten erlangen, gilt dies umso mehr. Die Kinder sind der Kompetenzbeweis eines eigenen In-der-Welt-Seins. So müssen sie für einiges herhalten und vieles zeigen und beweisen, beglaubigen und ermöglichen. “Es ist daher das ursprünglichste Verhältnis, das die Kinder zu sich selbst haben jenes, das die Eltern auch zu ihrem eigenen Leben und hierdurch zu ihren Kindern haben; denn innerhalb der Familie teilen sich die Bedeutungen so mit, wie sie jedem zuteil werden. Allein die Eltern können die Teilung dieses Lebens in der Familie erkennen, denn diese ist die Antwort und Form ihrer Lebensnot. Den Kindern teilt sich dies nur in dem Gefühl mit, was sie für ihre Eltern sind, wie sie sich also in der Familie fühlen können” (Pfreundschuh 1980/39f.).

Um die Idealisierungen der Weiblichkeit zu durchkreuzen, sind nicht in erster Linie Gegenbefunde zu bemühen. Was Frauen in lobender Absicht von Feministen zugeschrieben wird – ihr besonderes Engagement in bezug auf Zuwendung, mitmenschliche Unterstützung, Beistand, Hingabe, Einfühlung usw. – diese Annahmen vollziehe ich im folgenden positiv mit, um sie von innen her infragezustellen. Nicht die Ausnutzung eines allgemein als positiv unterstellten Substrats der Frauen durch die Männer [38] macht den spezifischen Beitrag des Weibes zur bürgerlichen Gesellschaft aus. Die positiv bemühte und den Frauen in besonderem Maße zugutegehaltene Einfühlung, Zuwendung, Kommunikation usw. stellen Abstraktionen dar, die das, womit all diese Tugenden verwoben sind, eben: die Durchsetzung von Kinder erziehung und Zwischenmenschlichkeit in der bürgerlichen Gesellschaft, nicht mehr aufscheinen lassen. Daß all dies vor “Kommunikation”, “innerem Wachstum” etc. verschwindet, ist nichts speziell Weibliches, vielmehr charakterisiert diese Verkehrung die Sphären der Sozialarbeit, Psychologie, Erziehungswissenschaft usw. Sie wiederum formulieren das Konzentrat und die Essenz der Kindererziehung und Zwischenmenschlichkeit und die Hilfe für den Fall, daß diese nach eigenen Maßstäben “mißlingen”. Frauen machen sich in höherem Maße als Männer diese Seite des mehrere Momente umfassenden Gefüges der bürgerlichen Gesellschaft zunutze, hypostasieren sie und stellen sie – meist eher insgeheim – als Alternative “dem Rest” gegenüber. Bereits für Helene Lange, den Kopf im Bund Deutscher Frauenvereine um 1900, sind es die Frauen, “die den letzten, den nach unsrer Überzeugung unveräußerlichen Kern der Institution der Familie gegen die seelenlose Gewalten der technischen Entwicklung mit Leib und Leben zu schützen haben” (1908/11f.). “Wie der Mann als Staatsangehöriger für Erhaltung, Förderung und Verteidigung seines Landes eintreten muß, so hat die Frau als Staatsangehörige für Behagen, Ordnung und Ausschmückung im Staate Sorge zu tragen” und “als Träger persönlicher Lebenselemente” den “Gegensatz zu der harten Objektivität, den mechanischen Notwendigkeiten des sozialen Geschehens” zu kultivieren (ebd. 103f.). Die Zwischenmenschlichkeit in Gestalt ihrer bisher hauptsächlichen, wenn auch nicht ausschließlich weiblichen Funktionäre hat alles ins Menschliche aufzulösen, die Kanten abzurunden, alles verständlich-verzeihlich-umgänglich zu machen – eine Menschelei, die um die gesellschaftliche Zukunft der Menschen betrügt. In dieser Perspektive wird die Autoplastizität von Meinungen, Motiven und Sinnen dazu genutzt, alles als bloß menschlich wahrzunehmen, überall Individuen in ihren Schwächen zu sehen und sich in sie, selbst bei aller Ablehnung, doch noch irgendwie einzufühlen. Hinzu tritt die Anstrengung, das Leben koste es was es wolle, als lebenswert aufzufassen. Im weiblichen Pragmatismus herrscht ein Fanatismus des Zurechtkommens. Alles läßt sich noch irgendwie als letzten Endes genießbar aufbereiten, allem noch ein schöner Aspekt abgewinnen. Bei allem läßt sich nach Möglichkeit die Aufmerksamkeit fokussieren auf eine persönliche Note. Imaginäre Entmächtigung und anthropozentrische Einschmelzung des Heteronomen bilden das implizite Ideal.

In der Familie muß verdaut werden, was aus der Familie heraus nicht verstanden oder aufgefaßt werden kann (vgl. dazu auch Hegel Bd. 9/480f., 485). Die Entfremdung der Arbeitenden wird auch in dem Maße nicht ihr Gegenstand, in dem die Existenz des Arbeitenden als Familienmensch die Arbeit um- und übergreift. Die familiäre Existenz erscheint als Ausgangs- und Zielpunkt der Arbeiten, insofern sie als Arbeiten für die Familie gelten und ihnen von daher Sinn verleihen. Die Frau gilt gemeinhin als Subjekt dieses Sinnstiftungszusammenhangs. [39] Selbst noch die faktische Unterstützung gewaltsamer Militäraktionen wird von den seitens vieler Feministen als “friedlich” gefeierten Frauen als Sorge um die beteiligten Söhne bzw. Männer verstanden. [40]

Es geht in der Zwischenmenschlichkeit und Privatsphäre darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Kosten der “Nutzenverfolgung” (zu kapitalistischen Bedingungen) nicht mehr subjektiv präsent sind. Frauen sind es bislang noch, die sich überdurchschnittlich verantwortlich fühlen für die Gestaltung des Wohlbefindens und der Lebenskunst. Beides stellt ein für das Individuum not-wendiges, für die Gesellschaftsgestaltung fatales Moment dar, wollen doch mit Wohlbefinden und Lebenskunst Menschen in ihrer Gegenwart das Gegenwärtige selbst (Hegel).

Überlegen über das zu sein, wovon man abhängt, daraus wird eine theoretische Maxime des Selbst- und Weltverständnis. Wer zuhause bleiben muß, macht “Balkonferien”. Und wenn es regnet, läßt man sich das Singen trotzdem nicht verbieten. In “falschen” Verhältnissen ist das “falsche Bewußtsein” lebenspraktisch. Die Laune sich nicht verderben zu lassen, das ist die mehr oder minder angestrengte Maxime von kleinen und großen Lebenskünstlern. Sie realisieren, daß der Verdruß zuallererst sie selbst ungenießbar macht. Die emotionale Homöostase avanciert zum Kriterium, das dem Bewußtsein und Selbstbewußtsein maßgebend vorgeordnet ist. Mit seinem Involviertsein in die gesellschaftlichen Verhältnisse soll dem Selbstbewußtsein als gelingender Privatperson kein unlösbares Problem entstehen. Im Gegenteil möchte die Privatperson sich selbst so ansehen, als ob sie eine sei, zu der all das paßt, was das Individuum als Lebensbedingungen vorfindet. Weniger Zufriedenheit als Militanz gegen Zweifel drückt die dem Individuum bitter nötige Betriebszufriedenheit aus.

Die Zwischenmenschlichkeit lebt von dem, was in der Öffentlichkeit und der Welt der verobjektivierten Leistung ausgeschlossen ist. Sie lebt von den Möglichkeiten des Menschen, die sie gegenseitig erkennen oder in einander hinein”sehen”. Gegen die faktischen Resultate einer individuellen Existenz werden an einem Individuum Gaben, Fähigkeiten und der “gute Kern” geschätzt, bemüht und beschworen. Dabei entsteht ein Vorschuß, der Menschen beflügeln kann, und gleichzeitig die Möglichkeit, sich gegenseitig mehr zuzurechnen als voneinander zu erwarten ist [41]: Ein Leben im Anspruch und im Zugutehalten schützt sich gegen die Erkenntnis. [42] Das Individuum kann im Vergleich mit anderen durch allerhand Ab- und Aufwertungen der anderen seine Bilanz frisieren. Natürlich bedarf es, damit die jeweils individuelle Privatperson daran glauben kann, der Affinitätsgruppe oder zumindest des Partners, der die Privatperson so sieht wie sie sich selbst (bei allem in diesen unmittelbaren Verhältnissen notwendig werdenden Streit). Das Operieren mit dem Gedanken, daß der (jeweilige) Privatmensch mehr ist als seine “Rollen”, verformt das Ungenügen an den “Rollen” zu einer tröstlichen Ahnung, die die Geltung der “Rollen” relativiert. [43] Die Vagheit dieser Ahnung wird nicht zu ihrem Hindernis. Im Gegenteil: Erst das Raunen, das Unbestimmte erlaubt die Kultivierung und das Zelebrieren eines nicht fassbaren guten Kerns, von Atmosphären und Stimmungen, die in der gelingenden Zwischenmenschlichkeit und Familie das Eigentliche des Lebens darstellen. Ihnen gegenüber erscheint der Kontakt mit der Außenwelt als unvermeidliche und sicher auch im einzelnen seinen Reiz bietende Sphäre, die aber gewissermaßen auf einer zweiten Ebene durchquert wird. Auf dieser Ebene zählen die emotionalen Qualitäten, die die Außenwelt für die Privatperson, für ihr Wachstum, ihre Stimmungen usw. bereitstellt.

Die die Weiblichkeit idealisierende Feminismusvariante ist Teilmenge einer affirmativen Gesellschaftskritik. Sie erklärt die kapitalistische und bürgerliche Gesellschaft zur per se gesellschaftlich ungestaltbaren Heteronomiesphäre. Solcherart Kritik beklagt die “Entfremdung”, indem sie sie verdinglicht. “Die” Gesellschaft bleibt diesem Verständnis zufolge selbst begrifflich nicht bearbeitet, sondern verfällt als Gesellschaft dem Verdikt und bietet einen Abhebungshintergrund für den Rückzugsraum der Innerlichkeit. Sie wiederum erscheint dem monolithischen Außen gegenüber als der Fremdheit gegenüber fremd. Heimat entsteht so aus der Negation der Negation. Wie sie sich aus dem konstitutiert, dem sie sich vermeintlich entgegenstellt, erscheint an ihr nicht mehr (vgl. dazu auch Musil 1981, Kapitel I.8).

In der der Zwischenmenschlichkeit eigenen Ontologisierung der Außenwelt zur schlechten Welt eröffnet sich auch die Wohltat, jede Kritik am eigenen Tun abzuwerten, weil das, was man tut, negativ bestimmt wird. Das Tun wird nicht nach seinen bestimmten Beweggründen, Bezugnahmen und Zwecken wahrgenommen, sondern auf einer Metaebene gewertet. In ihr zählt, daß man die gute Meinung von sich selbst nicht aufgibt, nicht “resigniert”. So ringen die Individuen der widerspenstigen Welt den Erfolg ab, daß sie wenigstens selbst in ihrer Aufmerksamkeit für sich nicht nachlassen.

Wem es in dieser Welt v.a. darauf ankommt, sich als Individuum zu sich selbst in ein das Wohlgefühl ermöglichendes Verhältnis zu setzen, dem schließt sich das Bewußtsein in sich selbst und begründet sich in seiner Selbstref/verenz. Weil die Subjekte das, was sie über die gesellschaftliche Realität und das eigene Sein in ihr denken und spüren, nicht gesellschaftsformationsspezifisch fassen können, die Gesellschaft zur Außenwelt gerät, gibt das Wohlbefinden das Maß des Erkennens der Subjekte ab. Die inhaltliche Beliebigkeit der Selbst-Deutung stört nicht. Was die Selbstbesinnung hauptsächlich erzielen muß, ist lediglich die für das Individuum subjektiv funktionierende, “stimmige” Selbst-Deutung. Die verschiedenen Formen der Selbstbesinnung (von der alltäglichen Lebenskunst über den psychologischen Verstand bis zur Religion) fördern die Flexibilität im Sichbedienen mit Inhalten, die ihr Maß am Gelingen des Selbstbewußtseins haben, wenn nötig auch auf Kosten des Bewußtseins.

Das implizite Konzept besteht darin, mit dem eigenen Leben so zu verfahren wie in einem Kunstwerk: alle problematischen Seiten werden so geschickt in die Komposition eingearbeitet, “bis ein Jedes als Kunst und Vernunft erscheint und auch die Schwäche noch das Auge entzückt. … Hier ist das Häßliche, welches sich nicht abtragen ließ, versteckt, dort ist es in’s Erhabene umgedeutet” (Nietzsche KSA 3/530f., vgl. auch Musil 1981/194).

Im “Heim”, in der Innenausstattung der Wohnung und in der Ausgestaltung der heimischen Atmosphäre, materialisiert sich der Drang, die Welt – unter Abstraktion von den Gründen ihrer gegen die Menschen gerichteten Abstraktionen – wenigstens imaginär wohnlich zu machen. “In einem solchen Zustande hat der Mensch in allem, was er benutzt und womit er sich umgibt, das Gefühl, daß er es aus sich selber hervorgebracht und es dadurch in den äußeren Dingen mit dem Seinigen und nicht mit entfremdeten Gegenständen zu tun hat, die außer seiner eigenen Sphäre, in welcher er Herr ist, liegen” (H 13/338).

Bei der Idealisierung der Weiblichkeit in puncto Zuwendung, Empathie usw. wird unter anderem übergangen, wie eifersüchtig Frauen die private Atmosphäre gegen die Infragestellung verteidigen und gegen die Thematisierung von Problemen, die sich nicht letztendlich doch auf die Heilmittel der Zwischenmenschlichkeit engführen lassen. In der Zwischenmenschlichkeit soll sich alles wenigstens näherungsweise aufheben lassen, so zumindest das implizite Konzept ihres Gelingens. Die “herkömmliche Ehe … beschränkt sie (die Frau – Verf.) in der Immanenz. Sie kann sich also nichts anderes vornehmen, als ein ausgeglichenes Leben aufzubauen, in dem die Gegenwart in Fortsetzung des Gestern den Drohungen des Morgen entgeht, das heißt ein Glück aufzubauen” (Beauvoir 1968/423). “Sie will ihn glücklich machen. Sie billigt von seiner Tätigkeit aber nur das, was in den Rahmen des Glücks hineinpaßt, was sie gezimmert hat” (ebd./ 436). [44]

Insgesamt ergibt sich eine Art “Erpressung mit dem Elend”. Das Leid wird mit dem Leid über das Leid in ein Verhältnis gesetzt, in dem sich der Streß des Leides am Symptomstreß (dem Leid daran, ein Symptom zu haben) relativieren soll. Das Leid wird darauf verwiesen, daß man über es auch bei früheren Gelegenheiten hinweggekommen sei. Die hier behandelte, auf die Idealisierung von Weiblichkeit ausgerichtete Variante des Feminismus unterstellt Frauen eine Nähe zum Standpunkt der Psychologie und -therapie. [45] Sie “ist entstanden aus den Problemen und Fragen, die die menschliche Seele aufwirft, und hat insofern von vornherein ein von ihr getrenntes Entwicklungsinteresse. [46] Das inhaltliche Verlangen der seelischen Entwicklung ist ihr gleichgültig, weil sie mit dem Ziel ihm entgegentritt, daß es einen in der Welt bestimmten Frieden finden solle. … Sie hat allein ein Existenzinteresse am seelischen Leben, kein wirkliches seelisches Interesse. … Die Psychologie verkehrt menschliches Leiden, indem sie die Sinne der Menschen benutzt, um deren Elend aufzulösen. … Hierdurch zerstört sie jeglichen sinnlichen Gehalt des menschlichen Lebens, denn Sinne, die dafür taugen sollen, daß ein Unsinn nicht sichtbar wird, also kein Elend bekommt, können nichts mehr erkennen, weil sie die Abstraktion, die Absehung von sich selbst, zu ihrem Inhalt haben” (Arbeitsgruppe Psychologie München 1978/1).
Die feministische Idealisierung der Frau isoliert und hypostasiert Fähigkeiten und Sinne, die in praktischen Kontexten der Zwischenmenschlichkeit und Familiarität inhaltlich bestimmter zu fassen sind. [47] Das aus der “Entfremdung” heraus als “unentfremdet” Erscheinende macht jenen Sinn der Teilhabe an den Veranstaltungen der Erwerbsarbeit und des Geschäftslebens aus, der allein subjektiv-imaginär über die ihr immanenten “Sachzwänge” hinausweist. “Kraft der Ausklammerung einer a priori unbeschadet bleibenden Dimension (bleibt) die Herrschaft selbst unbeschadet” (Boeckelmann 1997/191). Die von vielen Feministen als außengerichtet und instrumentell vorgestellten Aktivitäten des Mannes [48] vollenden sich erst in dem, worauf sie bezogen sind. Sie finden ihren Zweck nicht in sich, sondern im “Schutz” der Frau, in der Anerkennung durch sie, in der Versorgung der Familie usw. “Sicher: Es geht Männern auch um Egotrips, Gewinnsucht und Machtanhäufung, wenn sie nach den Sternen greifen wollen. Aber diese Sterne wollen sie doch den Frauen vom Himmel holen” (Stern 1991/122). [49] “Wäre das Patriarchat nicht frauenorientiert, sondern tatsächlich frauenfeindlich, wie immer wieder von den Feministinnen unterstellt, wäre wohl niemals je ein Mann bereit gewesen, sich für die “Lieben daheim” auf dem Schlachtfeld in Stücke hacken oder in Fetzen schießen zu lassen. Dann hätte es nie ein Mann auf sich genommen, für Frauen arbeiten zu gehen. Denn nur, wer wie die Männer das andere Leben, nämlich das der Frauen, höher einstuft, wird freiwillig diesem Leben zuarbeiten oder sein eigenes dafür opfern” (Stern 1991/127).

5. Gesellschaftssystemstabilisierende Beiträge des Feminismus

a) In der bürgerlichen Gesellschaft ist es üblich, mit allerlei Argumenten als Teil einer benachteiligten Gruppe für “Wiedergutmachung” oder Vorteile gegenüber anderen Gruppen zu werben. So kennen wir es bei den Bauern, den Vertriebenen, den Beschäftigten der Stahlindustrie, den Bewohnern ärmerer oder reicherer Bundesländer, die vermeintlich zu wenig bekommen oder zu viel abgeben usw. usf. Nicht die Kritik an einem kapitalistischen Reichtum, nicht die Kritik an dessen Produktion, dessen Objekten und dessen Verteilung steht im Vordergrund, sondern der Vergleich mit anderen Gruppen. Die Feministen machen da keine Ausnahme.

Die Privilegierung bestimmter Personengruppen innerhalb der Gesellschaft gegenüber anderen in bezug auf eine bestimmte Dimension (z.B. Einkommen) heißt nicht, daß die so Privilegierten diejenigen sind, die diese Gesellschaft sozusagen in Auftrag gegeben haben. Sie sind nicht der Grund für das Gesellschaftssystem. Sollen Nutznießer gesellschaftlicher Verhältnisse als Grund für sie gelten, so wird nicht gefragt, was die Bedingungen der Möglichkeit der Verhältnisse sind und für welchen anderen Zweck verschiedene Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Insofern die Privilegierten Privilegierte in einer Dimension sind, also nicht alle Vorteile auf sie fallen, verstellt auch ihnen das Gesellschaftssystem jene Entfaltung von Fähigkeiten und Sinnen, die erst durch eine Überwindung der herrschenden Zustände möglich wäre. Die Verkürzung der Kapitalismuskritik zur Kapitalistenkritik hat eine Verwässerung der Gesellschaftskritik eingeleitet, in der Nutznießer als Verantwortliche erscheinen. Und die Privilegien innerhalb dieser Gesellschaft gelten als das, worum einzig legitim gestritten werden könne und sich zu streiten lohne. Einer umfassenden Gesellschaftstheorie fallen demgegenüber die Gesellschaftsstrukturen nicht zusammen mit den Prämien, die bestimmten Teilen der Bevölkerung gegenüber anderen gezahlt werden. Der Feminismus als Gleichstellungspolitik ist Teil einer Sozialkritik, die den Unterschied zwischen verschiedenen Bevölkerungssegmenten zur Hauptsache macht, nicht die Einheit zwischen ihnen, die sich aus den ihnen allen gemeinsamen Grenzen des Gesellschaftssystems begründet. Feministen kritisieren nicht die Gründe und Zwecke, die den geringeren durchschnittlichen Einkommen von Frauen im Erwerbsleben zugrunde liegen (s. I und II), sondern sehen falscherweise die Ursache für diese Schlechterstellung im Vorteil, den “die” Männer davon haben. Um den eigenen Nachteil und dessen Abschaffung so hervorheben zu können, um hier den feministischen Dreh- und Angelpunkt zu verorten, dafür müssen Feministen die Bilanz “für” die Frauen so frisieren, daß auf ihrer Seite keine Vorteile bemerkt werden können:

Feministen stellen das Defizit an von Männern geleisteter Haus- und Erziehungsarbeit in den Vordergrund und übergehen geflissentlich die von Männern geleistete Arbeit für den Unterhalt, den nicht oder nur teilweise erwerbstätiger Frauen erhalten, obwohl “deutsche Frauen gerade mal 12 % mit ihrer Erwerbsarbeit zum gemeinsamen Netto-Haushaltseinkommen beitragen” (Gesterkamp/Schnack 1998/ 200). Die Mißachtung der von Frauen außerhalb der Erwerbsarbeit geleisteten Arbeit zu kritisieren, bedeutet für viele Feministen, die Erwerbstätigkeit des Mannes zu übergehen. Die männliche Erwerbstätigkeit wird nicht als Beitrag zur Familie gesehen, sondern als Flucht oder Privileg.

Feministen beklagen das höhere Einkommen von Männern und übergehen geflissentlich, daß “Frauen in neun von zehn Fällen das Familieneinkommen verwalten und achtzig Prozent der Kaufentscheide treffen” (Vilar 1998/103).

Feministen heben die anstrengenden und entnervenden Momente der Hausarbeit hervor und übergehen geflissentlich, daß die Hausarbeit (inklusive Be- und Erziehungsarbeit) den Frauen auch größere Dispositionsspielräume und eine geringere Zerlegbarkeit der Arbeit, also größere “Ganzheitlichkeit” einräumt, sowie keinerlei unmittelbare Akkordschinderei und größere Chancen, mit Zeitdruck umzugehen usw., als dies gegenwärtig in vielen Erwerbsarbeiten anzutreffen ist.

Feministen heben die Mehrbelastung in einem Segment (Hausarbeit) und das mindere Arbeitseinkommen als Beleg für die Schlechterstellung der Frauen hervor und setzen diese einseitigen Opfer “der” Frauen nicht ins Verhältnis zu anderen Opfern, die einseitig von Männern zu leisten sind (Militär- bzw. Zivildienst, längere Lebensarbeitszeit).

Feministen unterstellen der geringen Rolle von Männern in der Familie ein Desinteresse als Grund, unterstellen also entgegen den Arbeitsverhältnissen, die von den Männern nicht viel übriglassen, ihnen als sozusagen immer autonomen Subjekten ein subjektives Motiv, das ihr Agieren in der Familie erklärt und das dann bei mangelnder Präsenz nur “Desinteresse” lauten kann. Zur Erklärung dieses Desinteresses unterstellen Feministen ein weiteres subjektives Motiv: den Vätern sei die Arbeit wichtiger als die Familie. Geflissentlich übergehen Feministen das Leid von Vätern daran, daß sie in der Familie eigentlich vornehmlich als diejenigen eine Rolle spielen, welche die materielle Basis sichern, während es doch darum geht, aus dem Gelde etwas zu machen. Bislang sind es noch vorwiegend die Frauen, die das von den Männern verdiente Geld in eine sinnvolle Investition für das Familienleben verwandeln.

Feministen heben die Schwierigkeiten, die Mädchen haben, hervor. Fast kein Thema ist, wie die geschlechtsspezifische Erziehung zu männlicher Härte, zum Weginszenieren von Schwäche und Unsicherheit usw. Jungen zu “kleinen Helden in Not” macht. Das so betitelte Buch von Neutzling/Schnack rückt die Schwierigkeiten dabei in den Blick (s. 1b).

Feministen sehen Frauen als hauptsächliches Opfer und übergehen geflissentlich die Tatsache, daß die besonders exponierte Rolle von Männern im gesellschaftlichen Außenraum nicht so einseitig nur mit Privilegien verbunden zu sein scheint, wie dies manches feministisches Vorurteil suggeriert. [50]

Wer die formalen Machtvorteile von Männern aus ihrer Rolle als Allein- oder Haupternährer kritisiert, sollte für eine vollständige Bilanzierung allerdings auch das Scheidungsrecht in den Blick bekommen: “Männer bekommen ihre Kinder geliehen, Frauen dürfen sie behalten: Das von Männern gemachte Scheidungsrecht beraubt Männer bei der Trennung von der Mutter automatisch der Kinder. Männer bewohnen ihr Zuhause nur auf Abruf, Frauen können bleiben: Da man das gemeinsame Kind bei der Scheidung in der Regel der Mutter zuspricht, muß man ihr auch das gemeinsame Domizil überlassen” (Vilar 1998/103. Vgl. dazu a. Matussek 1998).

Wenn denn für ein geschichtlich die bürgerliche Gesellschaft in die Vergangenheit übergreifendes imaginäres Muster die Scheidung zwischen Herrschaft/Form/Rationalität und Unterworfenheit/chaotische Materie/Sinnlichkeit geherrscht haben sollte, so hat sich diese Dichotomisierung nie allein gegen Frauen gewandt. Vielmehr wurden in einer herrschenden Entgegensetzung von Geist gegen Körper immer auch die körperlich arbeitenden Männer verachtet. Feministen sehen geflissentlich davon ab, um ihre These von “der Frau” als Hauptopfer aufrechterhalten zu können. Die Entgegensetzung von Geist und Natur ist mit der behaupteten Geschlechterpolarität nicht identisch, abgesehen davon, daß eher der Krieger als der Denker – und damit wieder eine “ganz spezielle Sorte Sinnlichkeit” (Braunwarth 1994/76) – historisch lange Zeit das männliche Ideal darstellte.

Feministischerseits wird der immanente Gegensatz ausgeblendet, den klassisch männliche Unterstützung beinhaltet, und wahlweise eine seiner beiden Seiten kritisiert oder die zu geringe Erbringung der anderen Seite beklagt: “”Paradoxerweise”, so Gillmore, ist das, was männliche Unterstützung ausmacht, entgegengesetzt zu den üblicherweise geltenden Eigenschaften. “Um seine Familie zu unterhalten, muß der Mann fern sein, jagend und kämpfend; um zärtlich zu sein, muß er selbstsüchtig genug sein, Güter anzuhäufen, was oft bedeutet, sich gegen andere durchzusetzen; um sanft zu sein, muß er stark, sogar rücksichtslos angesichts von Feinden sein, und um zu lieben, muß er zuvor aggressiv genug sein, um eine Frau zu erwerben, zu verführen und zu erobern”" (Nuber 1994/28).

b) Die Unaufrichtigkeit vieler feministischer Argumente zeigt sich nicht nur in den erwähnten Ausblendungen, sondern auch darin, daß systematisch mit doppelten Maßstäben gearbeitet wird. [51]

Einerseits wird die Mehrbelastung von Frauen mit Hausarbeit als Ausdruck männlicher Ignoranz gegenüber einem ganzen Feld notwendiger Arbeiten kritisiert, andererseits wird übergangen, daß den Statistiken zufolge, auf die sich diese Kritik stützt, Frauen im Durchschnitt täglich 40 Minuten auf die Wäschepflege verwenden, aber nur 37 Minuten auf die Pflege von alten und kranken Angehörigen und die Kindererziehung (Süddt. Zeitung vom 16.11.1995), so daß Hausarbeit nicht ingesamt als notwendig bezeichnet werden kann, sondern wenigstens teilweise spezifischen, nicht nur aus Gründen “männlicher Ignoranz” bestreitbaren Sauberkeitsvorstellungen folgt. [52] “Clementine” wäscht Wäsche eben nicht nur “sauber”, sondern “rein”. [53]

Einerseits stellen Feministen gern die Arbeit von Frauen in Stunden berechnet der Arbeit der Männer gegenüber und monieren dann die mangelnde Bezahlung. Andererseits heben sie gerade die andere Qualität von Be- und Erziehungsarbeit, sowie des Umgangs mit Kindern gegenüber der Erwerbsarbeit hervor. Die Frauenbewegung lebt gerade von der Doppelstrategie, einerseits stinknormale Konkurrenz um die gleichen Arbeitsstellen mit dem Idealismus zu betreiben, Frauen würden anderes “führen”, “kommunizieren”. usw. Einerseits wird ein erfüllteres Leben durch mehr menschlichen Kontakt usw. bilanziert, andererseits gerade die mangelnde Teilnahme an der Erwerbstätigkeit als bloßer Verlust angeklagt.

Einerseits erscheint vielen Frauen die Hausarbeit inkl. Erziehungstätigkeit als kleineres Übel gegenüber fremdbestimmter Erwerbstätigkeit, andererseits wird männliche Erwerbstätigkeit feministischerseits gern als Flucht und als Privileg gesehen.

Einerseits werden überzeugend die “Kosten” monokultureller Erwerbstätigkeiten bilanziert, andererseits die Unterrepräsentation auf den Ebenen höherer Stellen gerade als Mißachtung von Frauen angegriffen, als wolle frau nun doch auf einmal, was sie feministischerseits gar nicht wollen könne/solle.

Einerseits greifen Feministen die Unterlegenheit von Frauen auf dem Gebiet der Erwerbstätigkeit an, andererseits stellen sie die eigene Überlegenheit im menschlichen Leben aus, die ihrerseits gerade einen Abstand zur Erwerbstätigkeit zur Voraussetzung hat. Frauen definieren sich einerseits stärker nicht über die Erwerbsarbeit und machen dies zu ihrer Stärke, andererseits …

Einerseits wird die von den Frauen geleistete Hausarbeit als Ausdruck ihrer entfremdeten Situation beklagt. Andererseits werten Feministen die Länge der Hausarbeit als Ehrentitel und lesen an ihr ab, daß Frauen doch mindestens ebensoviel, wenn nicht mehr als Männer arbeiteten. Dafür muß der von Simone de Beauvoir (1968/435) bis Betty Friedan [54] herausgearbeitete Gedanke übergangen werden, der die Länge weiblicher Hausarbeit mit ihrer Aussperrung von anderen Arbeiten in Verbindung bringt.

Einerseits beklagen Feministen den subalternen sozialen Status von Frauen, andererseits übergehen sie stillschweigend, wie gerade mit diesem Status Männer unterhaltspflichtig und -willig gemacht werden. “Nur für jemanden, der sich schutzlos und unterlegen gibt, geht man bereitwillig zur Arbeit. Nur wenn man das Gefühl hat, etwas zu tun, was die zu Hause auf keinen Fall selber könnte, hat man ein Motiv für die tägliche Plackerei” (Vilar 1998/110).

Einerseits kritisieren Feministen zurecht die Zuschreibung von sozial begründeten Belastungen und Verpflichtungen als “Natur”. Andererseits erscheint es ihnen natürlich oder in der Natur des Mannes liegend (”selbst schuld”), daß Männer 1995 in der BRD eine um 6,5 Jahre niedrigere Lebenserwartung als Frauen aufweisen. [55]

c) Sozialintegration wird in der modernen bürgerlichen Gesellschaft weniger über allgemein geteilte Werte geleistet. Ein Nutzen des Feminismus besteht gerade in seinen anders gearteten Beiträgen zur Sozialintegration.

  • Systembegründete Mißstände erscheinen als moralisch zu disqualifizierendes Handeln einzelner Subjekte oder ganzer Bevölkerungsgruppen. [56] Die Herrschaft subjektloser ökonomischer Vergesellschaftungsstrukturen (vgl. zur Klärung dieses Begriffs gegenüber einschlägigen Einwänden Creydt 2000/217ff., 254f., 261) übersetzen sich Feministen – ebenso scheinkonkret wie andere, die sich ebenfalls im Horizont der personalen Zuschreibung oder der Sündenbocksuche bewegen – als Herrschaft einer bestimmten sozialen Gruppe.
  • Der Streit über schwer zu ermittelnde Bilanzen [57] der Bevorteiligung oder Benachteiligung, der Streit um die Opferkonkurrenz läßt die Grenzen nicht mehr in den Blick geraten, die allen durch die Herrschaft des kapitalistischen Reichtums gesetzt werden.
  • Auch die gegenseitige Anklage und Verteidigung zwischen Fraktionen der Bevölkerung erschwert eine Vergesellschaftung von unten. [58]
  • Eine Fiktion entsteht, in der jeder eigenen Enttäuschung ein Gewinn auf der anderen Seite entspricht und insgesamt ein Geschlecht alle Vorteile auf seiner Seite zu haben scheint.
  • Der Feminismus befördert ein allgemeines Klima der Mißgunst und eine zwischenmenschliche “Generalabrechnung”, “deren Beitrag zur Gerechtigkeit meistens darauf beschränkt bleibt, daß sich hinterher beide gleichermaßen erschöpft und unverstanden fühlen” (Gesterkamp, Schnack 1998/102).
  • Ex negativo werden wenigstens noch Selbstbilder bestätigt in der Anklage von Männern als mächtig, hemmungslos usw.

Die Gründe für die Situation der Frauen, die in geschlechterübergreifenden Vergesellschaftungsverhältnissen liegen, interpretieren Feministen narzißtisch als eine besondere frauenfeindliche Machenschaft.

Anmerkungen

[1] Im Feminismus finden sich viele Erörterungen und Untersuchungen über das Geschlechterverhältnis. Es läßt sich hier viel diskutieren und lernen über die Selbstverortung von Individuen. Was Männer und Frauen ‘sind’, was sie nicht a l s Männer und Frauen ‘sind’ und was doch - all diese Fragen werden im folgenden nur beschränkt thematisiert. Nicht eine ‘gerechte’ Charakterisierung ‘des’ Feminismus ist hier Thema, sondern die Kritik zweier für ihn zentraler, wenn auch nicht notwendig mit ihm koextensiver Thesen. Beide beziehen m.E. das Geschlechterverhältnis falsch auf die Arbeit i.w.S.

Ich kann im folgenden nicht das Verhältnis zwischen gesellschaftlich zirkulierenden Vorstellungen über das Geschlechterverhältnis und dessen realer Gestalt klären. „Die Dichotomisierung und Polarisierung der Menschen in weibliche und männliche Charaktere, etwa nach dem Modus passiv/aktiv, emotional/rational, intuitiv/planerisch, impulsiv/beherrscht, läßt sich nicht nur bis ins Zeitalter der Aufklärung verfolgen“ (Becker-Schmidt1999/194). Es ist nun zu unterscheiden, inwieweit sich darin ein kollektives Imaginäres und eine Welt der Ideale und der Selbstthematisierungen repräsentiert oder inwieweit empirisch vorfindliche Frauen und Männer diese Vorstellungen von sich bzw. von einander im Kopf haben und inwieweit sie darüberhinaus das praktizieren, was für ihr Geschlecht ‘vorgesehen’ ist. In der psychologisch-empirischen Forschung jdf. haben „weder die bekannten Männlichkeits-Weiblichkeitstests von Engel, Terman und Miles und ihren Nachfolgern, noch die Androgynitäts-Tests von Bem signifikante Belege für die Existenz solcher geschlechtsspezifischer Persönlichkeitsprofile“ ergeben (ebd.).

Natürlich gibt es bei verschiedenen Ansätzen nicht “den” Feminismus. Und doch können einige Grundannahmen als feministisch gelten. Wie bei jeder anderen Gedankenfamilie gibt es den Streit, wer dazugehört und wer nicht. Nicht eine “gerechte” Charakterisierung “des” Feminismus ist hier Thema, sondern die Kritik zweier für ihn zentraler, wenn auch nicht notwendig mit ihm koextensiver Thesen. Ich behandele im folgenden in bezug auf die Gegenwart allein die Verhältnisse in den reichsten und führenden kapitalistischen Ländern.

[2] “Die Grunderkenntnis des Feminismus … lautet: … Der Mensch ist frei geboren. Er wird zum “Mann” oder zur “Frau” … überhaupt erst gemacht. … Nicht zufällig hat sich dabei die männliche Hälfte die Eigenschaften und Recht vorbehalten, die Herrschaft sichern (Besitz, Gewalt, Wissen, Zusammenhalt), und die weibliche Hälfte die Eigenschaften, die Ohnmacht und Ausbeutung zementieren (Besitzlosigkeit, Friedfertigkeit, soziale Verantwortung, Isolation)” (Schwarzer 1992/222).

[3] “Die Dichotomisierung und Polarisierung der Menschen in weibliche und männliche Charaktere, etwa nach dem Modus passiv/aktiv, emotional/rational, intuitiv/planerisch, impulsiv/beherrscht, läßt sich nicht nur bis ins Zeitalter der Aufklärung verfolgen” (Becker-Schmidt 1999/194). Es ist nun zu unterscheiden, inwieweit sich darin ein kollektives Imaginäres und eine Welt der Ideale und der Selbstthematisierungen repräsentiert oder inwieweit empirisch vorfindliche Frauen und Männer diese Vorstellungen von sich bzw. von einander im Kopf haben und inwieweit sie darüberhinaus das praktizieren, was für ihr Geschlecht “vorgesehen” ist. In der psychologisch-empirischen Forschung jdf. haben “weder die bekannten Männlichkeits-Weiblichkeitstests von Engel, Terman und Miles und ihren Nachfolgern, noch die Androgynitäts-Tests von Bem signifikante Belege für die Existenz solcher geschlechtsspezifischer Persönlichkeitsprofile” ergeben (ebd.).

[4] Nach einer repräsentativen Befragung aus dem Jahre 1988 waren bei Kindern unter drei (bzw. über 14) Jahren 61,6% der Mütter (bzw. 44,1%) nicht erwerbstätig (Krombholz 1991/200).

[5] Die geschlechtliche Arbeitsteilung macht nicht an Klassengrenzen Halt, sondern überlagert sie. Daraus folgt aber nicht, daß die soziale Position unerheblich ist für Frauen. Größeres verfügbares Einkommen erhöht die Spielräume, per Kinder- und Putzhilfe den Zwängen der Hausarbeit, der Doppelbelastung usw. zu entkommen, und ermöglicht freie Zeit für berufliche Karriere u.a.

[6] Auf der Basis der Daten von 788 befragten Familienhaushalten mit einem oder zwei Kindern unter 15 Jahren kommen Cornelius und Vogel (1994/183) zum Ergebnis: “Im Durchschnitt aller Wochentage weisen pro Tag
- Ehefrauen etwas höhere Arbeitszeiten auf als Ehemänner, wenn beide Ehepartner erwerbstätig sind und mit Kindern zusammenleben,
- Erwerbstätige Ehemänner längere Arbeitszeiten auf, wenn die Ehefrau nichterwerbstätig ist und v.a. wenn (noch) keine Kinder vorhanden sind,
- beide Ehepartner etwa gleich lange Arbeitszeiten auf, wenn die Ehefrau nichterwerbstätig ist, aber Kinder im elterlichen Haushalt leben.”

[7] “Familienalltag erfordert weit mehr Flexibilität und Anpassungsbereitschaft als das Berufsleben, wo Beziehungen, Leitungsstrukturen, Entscheidungskompetenzen und Arbeitsbereiche klar gegliedert sind. … Während es dort in den meisten Bereichen darum geht, innerhalb vorgegebener Ordnungen definitiv verabredete Leistungen zu erbringen, braucht es innerhalb der Familie vor allem die Schlüsselqualifikation “Chaos-Management” (Eva Maria Schmidt). … Familienarbeit bedeutet die Gestaltung eines vielschichtigen, in der Realität eben nicht quantifizierbaren Prozesses” (Gesterkamp, Schnack 1998/138).

[8] “Hausarbeit kann leichter sein als Fabrikarbeit. Termine können selbst bestimmt werden, damit kann Streß vermieden werden. Das Umfeld kann gestaltet werden, äußerlich, akustisch. Pausen können individuell genommen und gestaltet werden. Solche Privilegien sind in Betriebshierarchien erst auf einer hohen Ebene möglich. Und ein Teil der zu leistenden Arbeit kann auch noch lustbetont sein: “die verspielten, verschmusten, verplemperten Nachmittage zusammen mit dem Kind” (Dilloo 1992)” (Stach 1993/268).

[9] “Eine Zeitstudie der Bundesregierung hat das erschreckende Ergebnis zutage gefördert, daß in Deutschland (alte Bundesländer) auf eine Stunde Erwerbsarbeit mehr als zehn Minuten kommen, die unter dem Begriff “Wegestrecken” zusammengefaßt werden können. Vor allem die Männer sind den Untersuchungen zufolge lange unterwegs, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen” (Gesterkamp, Schnack 1998/114).

[10] “Die Segmentierung des Arbeitsmarktes in Frauen- und Männerarbeitsplätze ist nach wie vor äußerst stabil. Die Hälfte der berufstätigen Frauen verteilt sich auf nur sieben Berufe, deren Anforderungsprofile allesamt eine gewisse Nähe zu häuslichen Tätigkeiten aufweisen. Die Zunahme der Frauenerwerbsquote in den letzten fünfzehn Jahren erklärt sich v.a. aus der Tatsache, daß “Frauen ihren Beschäftigungsanteil in den klassischen Frauenarbeitsfeldern ausbauen konnten- im Dienstleistungsbereich, und zwar vorwiegend im Gesundheits- und Veterinärwesen, im Einzelhandel sowie im Bereich der Büro- und Sozialarbeit-, während ihr ohnehin geringer Beschäftigungsanteil im produktiven Sektor sogar zurückging” (Matthies u.a. 1994/108). Der beliebteste Ausbildungsberuf 1996 für Mädchen: Arzthelferin” (Gesterkamp/Schnack 1998/87).

[11] Ich verwende den gebräuchlichen männlichen Plural nicht nur aus Sprachgewohnheit, sondern weil der Feminismus auch von Männern vertreten wird.

[12] Z.B.: Lastwagenfahrer, Metallarbeiter, Dachdecker, Kesselschmied, Holzarbeiter, Schreiner, Bauarbeiter oder Polier, Baumaschinenfahrer, Footballspieler, Schweißer, Mühlenarbeiter und Hüttenarbeiter.

[13] Frauen entscheiden sich viel eher für einen Beruf, der mindestens 7 der folgenden 8 Merkmale aufweist. …
- Die Möglichkeit, am Ende des Arbeitstages “abzuschalten” (Verkaufspersonal im Kaufhaus /Rechtsanwalt)
- Geringe körperliche Belastung und Risiken (Rezeption/ Feuerwehr)
- Tätigkeiten, die in Räumlichkeiten ausgeübt werden (Sekretärin /Müllwerker)
- Geringes Risiko (Angestellte/ Kapitalspekulation)
- angenehme oder flexible Arbeitszeit
- Kein Zwang zum Ortswechsel
- Hohe Befriedigung im Vergleich zur Ausbildung (Erzieherin/ Bergarbeiter)
- Kontakt mit Menschen in einem angenehmen Umfeld (Kellnerin in Restaurant/ Fernfahrer)” (Farrell 1995/143f.).

[14] “Die Erziehung zur Männlichkeit verlangt die Härtedressur der Buben, denen körperliche Kontakte, Schmusen und Küssen frühzeitig abtrainiert werden. Bernie Zilbergeld (1983) notiert: “Mütter stellen Zärtlichkeit bei ihren Söhnen gewöhnlich viel früher ein als bei ihren Töchtern… Ein richtiger Mann braucht nicht umarmt oder in die Arme genommen zu werden”" (Hollstein 1991). “Feministisch orientierte Wissenschaftlerinnen haben in den vergangenen Jahren die Anorexia nervosa zu der am detailliertesten untersuchten psychosomatischen Störung gemacht. Häufiger Tenor: In der Magersucht bekommt das klassische Mädchenschicksal seinen krassesten Ausdruck. Was an Hyperaktivität, Atemnot (Asthma), Autoaggression (z.B. Suizid) und gestreßter Sprache (Stottern) jungentypisch sein könnte, scheint dagegen niemanden ernsthaft zu interessieren” (Neutzling, Schnack 1990a/21).

Jungen haben im Verhältnis zu Mädchen einen Anteil von 8:1 beim hyperaktiven Syndrom, von 4:1 beim Stottern, von 2:1 beim Bettnässen, von 4:1 bei Zwangsvorstellungen - allerdings beträgt das Verhältnis bei der Magersucht 1:20 (Neutzling, Schnack 1990/107). Der Jungenanteil an allen Sonderschulen beträgt 60% (ebd. 109).

[15] Allerdings sind die Verwertungshindernisse nicht absoluter Natur. Natürlich können Mahlzeiten auch in Kantinen gekocht oder Fertiggerichte angeboten werden. Die eigentliche Beziehungsarbeit wird aber nicht vollständig ersetzbar durch die Pflege und durch medizinisch-professionelle Tätigkeit, die Erziehung nicht substituierbar durch pädagogisch-professionelle Tätigkeit. Die Unersetzbarkeit konstituiert sich aus der Entfaltung von Subjektivität. Sie läßt erst Beziehungsarbeit wichtig und wünschbar werden. “As the family lost function after function, it found its own” (McIver).

[16] Daß die Arbeit in privaten Haushalt so wenig wert ist, daß sie sich gegen den Unterhalt “tauscht”, den der Mann der Frau gewährt, ist Ausdruck ihres geringen gesellschaftlichen Wert i.S. durchschnittlicher gesellschaftlicher Arbeitszeit (Vgl. Müller 1976/22f.). In der Produktion neuen Lebens und im Aufziehen von Kindern wird gerade keine Ware erzeugt, die die Frau verkaufen könnte (vgl. Rohwer 1985/203f.). In der Reproduktion des Arbeitsvermögens des Mannes wird wohl eine Ware erzeugt, aber auf eine Weise, die sich von der sonstigen Weise der Warenproduktion deutlich darin unterscheidet, nicht von der Person so abtrennbar und damit nicht durchrationalisierbar und intensivierbar zu sein. Da die Hausarbeit als isolierte Arbeit verrichtet wird, stehen Versuche, die Tätigkeiten und den Zeitaufwand ermitteln zu wollen, vor dem weiteren Problem eines Maßstabs zur Beurteilung von Hausarbeit, d.h. vor der Frage, was die objektiven bzw. subjektiven Notwendigkeiten sind. Vgl. zur Kritik der Kritik (bspw. von Claudia v. Werlhof) an der Marx’schen Bestimmung des Werts der Ware Arbeitskraft Beer 1983, insbes. S. 30f., s.a. Rohwer, a.a.O.

[17] Vornehmlich von Frauen ausgeübte Berufe wie Krankenschwester oder Erzieherin vereinen in sich die ökonomische Unterbewertung gesundheitlicher bzw. erzieherischer Aufgaben mit der ökonomischen Unterbewertung eher sorgend-helfender “weiblicher” Tätigkeit. Diese doppelte Unterbewertung führt wiederum auch zu ökonomischen Problemen: Die durchschnittliche berufliche Verweildauer von Krankenschwestern liegt bei drei Jahren, also gerade bei der Zeit, die schon die Ausbildung erforderte. Die Tätigkeit von Erzieherin und Krankenschwester schließt viele “extrafunktionale Qualifikationen, hausarbeitsnahe, bedürfnis- und beziehungsorientierte Fähigkeiten” (Kramer 1988/54). “Die Forderung nach Höherbewertung der Frauenberufe greift direkt die Geschlechterhierarchie in der Verwaltung und in den Tarifverträgen an. … Der Kampf darum sollte Bestandteil der Reform des öffentlichen Dienstes sein” (Krauß-Pötz 1993/28).

[18] “Für nur 3% aller Kinder unter 3 Jahren stehen in den alten Bundesländern Tagesbetreuungsplätze zur Verfügung” (Schmerl 1993/18).

[19] “Seit längerem entstehen zwar Beispiele für das “verbundene Wohnen” in Form von Gemeinschaftssiedlungen oder Hausgemeinschaften, die länger Bestand haben als vorübergehende Zweck-Wohngemeinschaften. Daß sie sich nicht viel breiter durchsetzten, liegt zum Teil an einem ungenügend ausgebauten Genossenschaftsrecht, hauptsächlich jedoch an den bestehenden Eigentumsverhältnissen.” Wo nicht gemeinsam über Boden und Bausubstanz verfügt werden kann, “sind neue Wohnstrukturen nur beschränkt realisierbar. Und für Immobilienbesitzer sind Anlagen mit Gemeinschaftsflächen oder -räumen weniger rentabel als herkömmliche Wohnungen oder Luxusappartments. … Dennoch wären gemeinschaftsorientierte Wohnmöglichkeiten für ein gesundes Aufwachsen der Kinder und für die psychosoziale Stabilität der Erwachsenen als Eltern, Alleinerziehende oder Alleinlebende von erstrangiger Bedeutung. Der Zusammenhalt sippenähnlicher, wenn auch nicht blutsverwandter Gruppen könnte eine gewisse Geborgenheit auch über zerbrochene Partnerschaften hinweg vermitteln. … Jdf. aber gibt es für die Probleme des Zusammenlebens nur menschlich-soziale Lösungen. Die “Kommunikations”-Gesellschaft per Internet kann weder die Doppel- und Dreifachbelastungen der Alleinerziehenden noch die epidemische Zunahme von Depressionen unter Jugendlichen und schon gar nicht die Vereinsamung alter Menschen beheben” (Meier-Seethaler 1998/ 384f.).

[20] Schon die “Weisheit unserer Großmütter” lautete: “Männer sind eben Kinder. Wir lassen sie ihre kleinen Spielchen miteinander treiben. Wir wissen ja, es geht nicht um wichtige Dinge dabei, aber sie glauben es eben. Also lassen wir sie. … Ohne uns könnten sie das nicht” (Miller 1976/113f.).

[21] “Ich würde in der Sprache der Galanterie (doch nicht ohne Wahrheit) sagen: die Frau soll herrschen und der Mann regieren, denn Neigung herrscht, und der Verstand regiert” (Kant Akademieausgabe II 309). “Er liebt den Hausfrieden und unterwirft sich gern ihrem Regiment, um sich nur in seinen Geschäften nicht behindert zu sehen. Sie scheut den Hauskrieg nicht, den sie mit der Zunge führt und zu welchem Behuf die Natur ihr Redseligkeit und affectvolle Beredtheit gab, die den Mann entwaffnet” (Kant, Akademieausgabe VII 304).

[22] “Wenn es nicht mehr die Haushaltsarbeit ist, die wir voraus haben, so sind es zumindest die Einfühlungsfähigkeiten, die psychischen Reproduktionsmomente, die wir bis zur Meisterschaft ausgebildet haben: Wir haben die Tendenz, unsere mütterlichen Fähigkeiten bis zur Selbstaufgabe “an den Mann” zu bringen, um dann postwendend von diesem Mann Besitz zu ergreifen, ihn emotional zu entmündigen, um dann von Fall zu Fall - in Kompensation unserer Selbstaufgabe - die emotionale Versorgungsmacht den anderen spüren zu lassen. Es ist die eine Seite der Medaille, daß Männer diese Fähigkeit im Umgang mit uns ausbeuten- diese Tatsache soll hier nicht relativiert werden- aber es ist die andere Seite, daß Frauen gerade mit der Ausprägung der Arbeitsteilung bezüglich dieser Fähigkeiten Macht beanspruchen und dann in der punktuellen, unberechenbaren Verweigerung dieser Qualitäten außerordentlich aggressive Akte vollziehen” (Bergmiller, Erd-Küchler 1980/4f.).

[23] “Man wählt nicht, aber man pocht auf sein Wahlrecht; man interessiert sich nicht für die politischen Programme, aber man legt Wert darauf, daß es Parteien gibt; man liest weder Zeitungen noch Bücher, aber man legt großen Wert auf die freie Meinungsäußerung” (Lipovetsky 1995/185).

[24] Es gibt zu dieser Kontinuitätsannahme, wie sie auch Müller (1984) mit viel Material zu unterlegen sich bemüht, gegenteilige Stimmen: Elisabeth Badinter nimmt an, “daß vom 4. Jahrtausend an bis zum Ende des 2. Jahrtausends (vor Null - Verf.) … das Verhältnis zwischen Mann und Frau von einem Gleichgewicht, ja sogar von einer Harmonie bestimmt” gewesen ist (Badinter 1986/62).

[25] Ich denke also in diesem Abschnitt in den Grenzen eines Bedingungsdiskurses, der zur Erklärung der gesellschaftsformationsspezifischen Erklärung des Geschlechterverhältnis in früheren Gesellschaften nicht ausreicht. Wohl aber können Voraussetzungen markiert werden, deren Wegfall die Frage anders stellen läßt, als bei Annahme ungebrochener Kontinuität patriarchaler Verhältnisse.

[26] Müller (1984/36) zufolge leisten die Frauen bereits in den wildbeuterischen Gesellschaften zeitlich gesehen mehr Arbeit, während die Arbeit der Männer einen höheren Energieaufwand fordert, so daß sich der Arbeitsaufwand beider Geschlechter “die Waage hält”. Müller sieht dies Verhältnis auch in bäuerlichen Gesellschaften (60,63).

[27] Nur in den armen Schichten wird von der Geschlechtsdifferenzierung abgegangen. “An sich … gilt es als unschicklich, Frauen Feldarbeit verrichten zu lassen. In Südostanatolien z.B. sind dazu lediglich Frauen der weniger bemittelten Pächter, bei hinduistischen Bauern im nördlichen und zentralen Indien nur die Frauen der untersten, also ärmsten Bevölkerungsschichten genötigt” (Müller 1984/59). Nach Krünitz (1788/807) “sind die Weiber des gemeinen Mannes, welche gar oft die schwersten Arbeiten verrichten müssen, mehr wie Mannspersonen, als Frauenzimmer, anzusehen. Man sieht sie auf den Marktplätzen und auf dem Felde, aller Orten mit den Männern vermischt.” “Ebenso wie im bäuerlichen Sozialmilieu war auch in den unterbäuerlichen Schichten noch keine Trennung von Innen und Außen sichtbar. … Die Angleichung ökonomischer Rollen hatte in den unterbäuerlichen Schichten eine Aufweichung männlicher Herrschaftspositionen zur Folge, was sich vor allem in der Annäherung sozialer Verhaltensweisen äußerte: Teilnahme der Frauen an den Wirtshausbesuchen der Männer, an Hungerrevolten und Brotunruhen, freiere Sexualität” (Frevert 1986/30).

[28] Müller thematisiert (trotz seiner Überlegungen auf S. 94ff.) zu wenig die Geltung der Frau als “Schöpferin und Bewahrerin des Lebens” und ihre daraus erwachsende zentrale Stellung in Mythologie und Frühreligion. Vgl. auch den Fruchtbarkeitskult um die Frauen in der Kunst der ersten Menschheitsepochen.

[29] “Die Gewalt, als die Potenz des menschlichen Körpers, ist die produktive Bedingung der Emanzipation dieses Körpers vom unmittelbaren Zusammenhang mit der Natur, sie schafft eine bewußte Distanz zwischen dem eigenen Körper und dessen natürlichen Bedingungen, der erst eine Entwicklung des Bewußtseins als der eigentlich menschlichen Produktionsbedingung gestattet. Die Frau bleibt abstrakte Natur, weil sie durch die unmittelbare Identität mit ihren natürlichen Bedingungen bestimmt bleibt und zugleich durch den Mann den gesellschaftlichen Bedingungen unterstellt wird, die er durch seine weltverändernde Aktivität schafft. Für bzw. gegen den Mann ist die Frau Natur, und er wendet gegen sie genau jene Gewaltsamkeit, die er im Kampf gegen die Natur sich zu eigen gemacht hat” (Schrader-Klebert 1969 /10).

[30] Vgl. Carol Gilligans (1984) Gegenüberstellung einer (ihr als menschlicher geltenden) weiblichen Moral der Fürsorge und Anteilnahme, der Verantwortung und Bindung einerseits, männlicher Gerechtigkeit und instrumentellem Aktivismus andererseits. Ich kann diese Opposition hier nicht eigens diskutieren, verweise auf den informativen und kritischen Artikel von Althof und Garz (1988). Nur ein kritischer Punkt sei erwähnt: Döbert und Nunner-Winkler (1986) arbeiten die Dominanz der Nähe zu einem Problem gegenüber dem Geschlecht heraus. Nicht abstrakt, sondern kontextuell argumentieren Mädchen im Hinblick auf die Abtreibung, Jungen aber bezüglich der Kriegsdienstverweigerung sensibler.

[31] Beliebt ist auch bei vielen Feministen die Gegenüberstellung von kalter, männlicher Rationalität und Abstraktion einerseits und weiblicher Ganzheitlichkeit andererseits. Ein falsches Verständnis gegenwärtigen Bewußtseins liegt zugrunde, wo weisgemacht werden soll, “der durchschnittlich männliche Verstand sei ein Ausbund abstrakter Rationalität. Das männliche Alltagsbewußtsein ist wie das weibliche eingefleischter Empirist. Es orientiert sich am vermeintlich Handgreiflichen und sortiert die im Umgang mit ihm gemachten Erfahrungen mehr schlecht als recht mit Hilfe einiger ziemlich plumper Abstraktionen. Da die evidente Sinnlichkeit (”das Leben”), aus deren Anschauung das Durchschnittsindividuum seine Weisheiten bezieht, aber eine kapitalistisch schon strukturierte ist, setzt der ungebildete egal ob männliche oder weibliche Verstand nicht reine Sinnlichkeit um, sondern rationalisiert immer schon den sinnlichen Schein real gewordener Abstraktionen. Es gibt sowenig den einfachen Dualismus von Abstraktion und Sinnlichkeit, wie es den von Stoff (Gebrauchswert) und Form (Wert) gibt. Im Begriff der … gesellschaftlichen Totalität … müssen Abstraktion und Sinnlichkeit zusammen und wechselseitig durchdrungen gedacht werden, wobei die Abstraktion insofern das Übergreifende ist, als sie es im sinnlichen Material mit ihrem eigenen dinglichen Schein zu tun hat” (Braunwarth 1994/76).

[32] Die bürgerliche Familie wird als Ort angesehen, “wo sich das Leid frei ausgesprochen und das verletzte Interesse der Individuen einen Hort des Widerstands gefunden hat” (Horkheimer 1936/63). Ganz im Sinne eines populären Feminismus wird die “völlige Entseelung der Welt” dem Mann zugeschrieben, der “Hort des Widerstands” der Frau. (Horkheimer 1936/67). Vgl. kritisch dazu auch Windaus-Walser 1989.

[33] Dies hat eine lange Tradition von “Gemeinschaft” - “Gesellschaft” (Tönnies) bis hin zu “Lebenswelt-System” (Habermas). Umso notwendiger ist es auf Theorien hinzuweisen, die die Einheit im und durch den Unterschied der verschiedenen Sphären der modernen bürgerlichen Gesellschaft denken können, ohne weder in den Reduktionismus einer Einerleiheit noch in die äußerliche Aggregation (”funktionale Differenzierung” ) zu verfallen. Vgl. als einen lesenswerten Versuch nach wie vor: Ottomeyer (1977, 1987, 1991), vgl. auch mein eigener Vorschlag und weitere Literaturverweise zu anderen Varianten des hier für notwendig erachteten Theorietyps in Creydt 2000.

[34] Manche Mütter erwarten von den Kindern “Gesellschaft, Wärme, Anregung” und daß die Kinder die Mütter auf “andere Gedanken” bringen, in der Hoffnung, “ein äußerliches Ereignis könne ihr Leben erneuern und rechtfertigen” (Beauvoir 1968/493). Andere Frauen finden “im Kind - wie der Liebhaber in der Geliebten - eine körperliche Erfüllung, und zwar nicht in der Erwiderung, sondern in der Beherrschung. Sie erfaßt in ihm, was der Mann in der Frau sucht: Ein Anderes, Natur und Bewußtsein zugleich, das ihre Beute, ihr Double wird” (ebd. 495). “Eitel, wie sie sind, stellen sie das Kind wie ein gelehriges Tier zur Schau. In ihrer Eifer- und Eigensucht sondern sie es von der übrigen Welt ab. Oft verzichtet die Frau auch nicht auf das Entgelt für die Mühe, die sie auf das Kind verwendet: Sie formt in ihm ein imaginäre Wesen, das dankbar in ihr eine vorbildliche Mutter sehen und in dem sie sich wiedererkennen wird” (497f.). “Die miesepetrige, eifersüchtige Haltung der Muttis” dabei, “über die richtige Entwicklung ihres Geschöpfs” zu wachen, geht einher mit der Tatsache, daß diese Entwicklung “deckungsgleich mit der eigenen Selbstverwirklichung” erscheint (Dorothea Dieckmann 1995/32). Kinder geraten oft zu Symbolen, an denen sich die Mutter stellvertretend für den Mann, die Welt oder dergleichen rächt. “Wenn ihr Ehe- und Liebesleben sie zum Feind der Männer gemacht hat, bedeutet es für sie eine Befriedigung, den Mann in seiner kindlichen Verkleinerung zu beherrschen. … Ebenso wie sie ihren Mann als Kind behandelt, behandelt sie ihr Kind als Säugling. … Sie will ihn grenzenlos sehen, und doch soll er in ihrer hohlen Hand Platz haben, er soll die Welt beherrschen und dabei vor ihr auf den Knien liegen” (Beauvoir 1968/500f.).

[35] Gewalt wird allein Männern zugeschrieben, als ob nicht

- “Frauen in dem Bereich, in dem sie körperlich überlegen sind und über Macht verfügen - im Verhältnis zu ihren Kindern nämlich - in sehr viel höherem Maße zu Gewalttaten neigen”. “Die Zahlen über den Anteil von Frauen als Täterinnen schwanken in der Literatur zwischen 40 und 70%. In der Kriminalstatistik der alten BRD wird ihr Anteil für 1990 mit 38,2 % angegeben” (Heyne 1996/257)

- und dies auch das Verhältnis von Krankenschwestern zu ihnen anvertrauten Menschen betrifft (vgl. die Morde in Wien-Lainz, vgl. Michaela Roeder) usw.

- so daß “die empirisch sichtbare “größere Friedfertigkeit” der Frauen möglicherweise nur dadurch zustande kommt, daß viele Frauen in zutreffender Einschätzung ihrer Kräfte auf die Anwendung körperlicher Gewalt verzichten, sofern sie es mit einem körperlich überlegenen Gegner zu tun haben. … Der hohe Anteil von Frauen an Fällen von Kindesmißhandlung ist meines Wissens in der feministischen Diskussion kaum zum Gegenstand der Auseinandersetzung gemacht worden” (Heyne 1996/42f.).

[36] “Der Grund, weshalb es so schwierig und scheinbar unmöglich ist zu bestimmen, inwiefern etwas und einer auch an sich selbst etwas ist, liegt ja gerade an der ursprünglichen Zugehörigkeit der Dinge der Umwelt untereinander, der Mensch unter sich und der Mensch mit seiner Welt”, die wesentlich zwischenmenschliche Mit-Welt ist. “In einem derartig verselbständigten Verhältnis ist nicht mehr alternativ entscheidbar, bei wem die Initiative liegt, denn indem sich der eine primär nach dem andern richtet, richtet sich ja auch schon der andere primär nach ihm.” So “entspringt die Initiative ihres Tuns und Lassens eigentlich weder beim einen noch beim andern, sondern aus ihrem Verhältnis als solchem” (Löwith 1962/69, 83, 85 vgl. auch Theunissen 1977/69, 83, 85, 194.). Der andere kann nicht erkannt werden, weil er schon – wie auch immer – zu mir gehört. Die Zirkularität der Zwischenmenschlichkeit bedeutet die Ermüdung der in ihr Agierenden: Neben bzw. über zwischenmenschliche Ausbeutung tritt ein anderes Metaproblem: Schwächung durch Nichtzuordnung, Unklarheit der Attribution, Ohnmacht der wahrnehmenden Sinne, unmittelbare Vergewisserung von Ego durch Alter vor dem Hintergrund einer dafür nicht vorgesehenen objektiven Welt. Deren Schwäche als Vergegenständlichungssphäre rückt die Mit-Welt an eine Stelle, an der sie den tendenziellen Ausfall der Vergegenständlichungssphäre Betreffendes mitzubearbeiten hat, notwendigerweise in einer Form, die zum Kurzschluß der Subjekte untereinander führt.

[37] “Es ist zu bemerken, daß im ganzen die Kinder die Eltern weniger lieben als die Eltern die Kinder, denn sie gehen der Selbständigkeit entgegen und erstarken, haben also die Eltern hinter sich…” (H 7/329 (§175)).

[38] “Die Frauen sind die Oasen, wo wir ausruhen und uns Anregungen für das schöne Leben holen, an dessen Existenz wir uns ja (besonders von der Kindheit her) gut erinnern können” (Nørretranders 1986/27).

[39] Meist ist es die Frau, die die Familie zusammenhält, auch wenn dies in der Stadt anders geschieht, als es Beobachtungen Ende der 70er auf dem norddeutschen Land festhalten: “Die Ehefrau ist die Siegelbewahrerin. Sie hütet den häuslichen Schatz, knüpft die geheimen Fäden zum sozialen Erfolg (ohne den der berufliche nichts ist): Beileidskarten an die Angehörigen von Verstorbenen, Glückwunschtelegramme an die frisch verheirateten Kinder der Nachbarn und zu den Kommunionsfeiern, sie vergißt nichts, sie treibt die Kinder Sonntags in die Kirche, prüft ob der Rock auch richtig sitzt, selbstredend ist er blitzsauber, sie tritt den Sohn gegen das Schienbein, wenn er bei der Predigt einschläft, sie sieht sofort, wer ihre sauber herausgeputzte Familie alles sieht in der Kirche und wer gegrüßt werden muß und wer nicht …” (Höge 1978/41).

[40] Eine Engländerin versteht ihre Arbeit in einer Waffenfabrik während des Falklandkrieges folgendermaßen: “Unsere Einstellung dazu war folgende: Es war zwar schlimm, daß wir damit (dem Krieg - Verf.) zu tun hatten; aber da es nun einmal so war, mußten wir alles tun, um unsere Jungs zu unterstützen. Die Leute machten bereitwillig Überstunden und was sonst notwendig war, ob ihre Söhne davon betroffen waren oder nicht; wenn’s Engländer sind, sind es unsere Jungs, nicht wahr? Ich meine, das nächste Mal könnte es dein Junge sein” (Wainwright 1983/144, zit. n. Ruddick 1993/134). “Wenn der Krieg dann zu Ende ist, pflegen Mütter die Überlebenden, genau wie sie vorher Granaten gestrichen und dann Goldsterne ins Fenster gehängt hatten. Was blieb ihnen auch übrig? Hätten sie in Krisenzeiten wirklich Streit in der Familie oder der Gemeinde riskieren können, wo es doch ihre Pflicht war, die Verbundenheit zu wahren? … Wenn ihr Sohn beim Morden ermordet wird, sollte sich eine Mutter dann den Trost versagen, in seinem “Opfer” einen Sinn zu sehen? …

“Ich muß mein Los mit jenen teilen, die Jahrtausend um Jahrtausend, perverserweise, ohne außergewöhnliche Macht, die Welt wiederherstellen” (Adrienne Rich)” (Ruddick 1993/134f.).

[41] “Gewiß schmücken wir jemanden, an den wir glauben, oft nur mit unseren eigenen Schätzen, aber was er uns leistet, ist, daß wir diese Schätze überhaupt ausgraben” (Simmel 10/71). “Jeder Mensch, der uns fasziniert, liebt etwas aus uns heraus, spricht etwas in unserer Psyche an, was dann ins Leben hereingeholt werden kann. … Vielleicht entsteht Liebe nur dann …, wenn wir in einen geliebten Menschen seine besten Möglichkeiten hineinsehen und diese aus ihm herauslieben können, Möglichkeiten, die ihn über die Enge des bisherigen Gewordenseins hinaustragen, die sein Leben für etwas öffnen, was er nicht für möglich gehalten hat” (Karst 1985/13, 15).

[42] Karen Meyer und Sigrid Voigt (1990) arbeiten unter dem Titel “Hoffnung - eine Vermeidung von Möglichkeiten” heraus, wie Hoffnungen gerade Mißhandlungsbeziehungen verlängern.

[43] “Zum Rollenbegriff kommt es überall dort, wo Handlungsabläufe und Situationseinschätzungen mit dem Bewußtsein verbunden sind, es könnte auch anders gehen, aber zugleich dies Bewußtsein nicht zu einem Handeln findet, das Änderung der als Fessel empfundenen sozialen Verhältnisse herbeiführen könnte, sondern reflexiv bleibt und die Distanz zwischen Handelndem und Handlung, zwischen Person und sozialer Lage, Spontaneität und institutioneller Ordnung zum Prinzip fixiert” (Furth 1971/496).

[44] “Gegen die Existenz bejaht sie das Leben, gegen die geistigen die fleischlichen Werte. Gegenüber den männlichen Unternehmungen übernimmt sie gern die humoristische Haltung Pascals. Sie denkt auch, daß das ganze Elend der Menschen allein davon herrührt, daß sie nicht ruhig in ihrer Stube bleiben können. … Jede Tätigkeit, die dem Familienlieben keinen Nutzen bringt, ruft ihre Feindseligkeit hervor. … Mme. Racine interessiert ihren Mann für die Johannisbeeren im Garten und weigert sich, seine Tragödien zu lesen” (Beauvoir 1968/452). Erhard Lucas (1983/45ff.) arbeitet an verschiedenen prägnanten Beispielen aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung heraus, wie die Belange der politischen Arbeit und der Sorge um das Durchkommen der Familie sich gegenseitig aufs heftigste und tragischste blockieren.

[45] Es haben “Frauen viel mehr Sinn für die Freuden, die Berührung mit körperlichen, emotionalem und geistigem Wachsen als Männer. … Die aktive Anteilnahme am Reifen eines anderen ist eine der wesentlichen Befriedigungen innerhalb der Psychotherapie. … Im Prinzip handelt es sich dabei um dieselbe grundlegende Tätigkeit, die Frauen Tag für Tag vollbringen” (Miller 1976/66f.).

[46] “Wer über bestimmte Dinge nicht den Verstand verliert, zeigt, daß er keinen zu verlieren hat” (Lessing, Emilia Galotti IV,7) - Verf.

[47] “Das Auffinden und die Glorifizierung der eigentlichen Weiblichkeit gelingt in undurchschauten Akten der Herauslösung, Fetischisierung und Ontologisierung. Bestimmte Merkmale und Verhaltensweisen werden inmitten ihrer komplexen kulturellen Zusammenhänge isoliert und unvermittelt geschichtsphilosophisch gedeutet und gewertet. Das Hegen, Pflegen, Nähren, Hüten … wird manipuliert, als berge es seinen Sinn in sich selbst und sei historisch desinfiziert, unbeteiligt an den Prozessen der Auslaugung materieller Ressourcen. Es ist das Gute. Was, wofür und mit welchem Hintersinn auch immer gehegt, gepflegt, genährt und gehütet worden ist - dem Reinen bleibt alles rein. …

“Wir liefern den emotionalen Zustrom, der den Männern aus sich selbst nicht mehr zukommt, und machen uns mitschuldig an den verheerenden Folgen des patriarchalen Herrschaft. Aber es ist ein entscheidender Unterschied, ob man dieses System aufrecht erhält als Unterdrücker oder als Unterdrückter.” Affektive Kommunikationsnetze werden instrumental verstanden; das Gefühl ist (substantiell) gut, nur der Gebrauch ist schlecht. Entscheidend ist, daß die Frontlinie nicht verwischt wird: hie der Herrscher, da die Beherrschte. So wird die Versicherung, jede Person sei doppelgeschlechtlich veranlagt und Weiblichkeit lasse sich nicht auf Geschlechtsmerkmale reduzieren, immer wieder zugunsten eines kaschierten Biologismus revidiert. … Solche Verklärung isolierter Merkmale muß durch die Bürgschaft eines Absoluten, eines außergesellschaftlichen, außergeschichtlichen, außersprachlichen Topos gerechtfertigt werden. Dieses Absolute indes wird durch die willkürliche Durchtrennung tausendfältiger Vermittlungen selbst erst erschlichen” (Böckelmann 1997/213f.).

[48] Ottomeyer kritisiert richtig Habermas’ Zerspaltung des Arbeits- und Gesellschaftsbegriffs in eine zweckrationale und eine kommunikative Sphäre und weist darauf hin, daß zur so selbst verdinglicht aufgefaßten Verdinglichung der Arbeit eine interaktionistische, “sozial-clinchige” Verengung (z.B. als weibliche, pädagogische oder therapeutische Personenfixierung unter “Vermeidung von individuierender Gegenstands- und Produkterfahrung”) nur die Ergänzung oder das schlechte Gegenteil bildet (Ottomeyer 1987/135).

[49] “In unserer modernen Gesellschaft … fühlt sich paradoxerweise oftmals am besten, wer sich am effektivsten auszubeuten vermag. Deswegen empfinden zahlreiche Karrieremänner ihre Schinderei nicht immer als Joch, sondern auch als Bereicherung ihres Lebens, natürlich meist nur solange, wie ihre Gesundheit mitmacht und ihnen die erwartete Anerkennung zuteil wird. … Ohne weibliche Anerkennung oder Bestätigung würde sich kein vernünftiger Mann zum Helden hochquälen, selbst wenn er es vordergründig “nur für sich tut”. Denn was hätte er davon, anderen Männern zu imponieren oder sich grundlos selbst auszubeuten? Starke Männer leben vom Beifall sie bewundernder Frauen. Sie leben davon, mit Bravour ihren Mann gestanden und die Erwartungen … erfüllt oder gar übertroffen zu haben. Und sie hoffen, wenn sie die Erwartungen der Frauen in puncto Stärke, Überlegenheit, Kompetenz usw. besser erfüllen als ihre männlichen Konkurrenten, endlich als unwiderstehlicher Übermann zu gelten” (Stern 1991/122f.)

[50] Die US-amerikanischen “Free Men” fragen auf ihren Faltblättern zur Mitgliederwerbung: “Warum ist es so, daß Frauen im Durchschnitt die Männer um acht Jahre überleben, Männer sich dreimal so häufig umbringen wie Frauen, 75% aller Mordopfer Männer sind?… Männer zu 25% weniger zum Arzt gehen als Frauen, aber bei Krankenhausaufenthalten 15% länger hospitalisiert sind?” (zit. n. Hollstein 1991).

[51] Natürlich läßt sich einwenden, zwei ganz verschiedene feministische Ansätze würden hier miteinander verknüpft, um doppelte Maßstäbe zu gewinnen. Tatsächlich läßt sich im Denken entweder Partei nehmen für einen Feminismus, der die gesellschaftlich begründete Polarität der Geschlechter kritisiert, oder für einen Feminismus, der sich innerhalb einer Polarität auf die weibliche Seite stellt. Meine These zum sozial vorfindlichen Feminismus bzw. zu den feministischen Elemente im normalen Alltag ist, daß die saubere begriffliche Unterscheidung zweier selbständiger, also nicht miteinander zu vermischender Ausrichtungen (vgl. z.B. Echols 1985) sozial nicht repräsentativ ist, wohl aber die Vermischung beider Denkweisen, in der je nach Vorteil und Situation, jeweils das eine oder das andere hervorgehoben werden kann.

[52] “Frauen neigen beim Zusammenziehen dazu, einem “Haushaltsfimmel” nachzugehen, der sie später öfter reut. Sie stellen Standards auf, ziehen Aufgaben an sich, als hätte das Puppenmütterchen in ihnen nur darauf gewartete, endlich loslegen zu dürfen. Im Hinblick auf die Wäsche findet sich bei ihnen eine Leidenschaft, die man nur verstehen kann, wenn man die lange Geschichte hausarbeitender Frauen kennt. Generationen waren auf ihren Wäscheschatz stolz, der weiß, geordnet und mit Bändchen verziert, im Kasten ruhte. Solche Verpflichtungen, aber auch Freuden sterben nicht so schnell aus” (Rutschky 1999/97f.).

[53] In der BRD hat sich der Verbrauch von Wasch- und Reinigungsmitteln von 1973- 1988 fast verdoppelt und liegt 1988 bei 26 kg pro Kopf und Jahr. “Für Frauen in der Nachkriegszeit wird angenommen, daß nur 27 % von ihnen jeden Tag die Unterhosen wechselten; 1968 waren es 57% und 1971 bereits 78 % der bundesdeutschen Frauen. … Wie weit dabei ästhetische und hygienische Notwendigkeiten auseinanderfallen, kann daran ermessen werden, daß weiße Oberhemden im statistischen Mittel nur einen Tag getragen werden und dann in die Wäsche wandern, während bei pastellfarbenen Hemden bereits 2 Tage und bei bunten Hemden, auf denen Schmutz nicht so gut sichtbar ist, 3 oder mehr Verschmutzungstage geduldet werden. Obwohl ähnlich starker Schmutzbelastung ausgesetzt, werden Handtücher einmal pro Woche und die Bettwäsche nur alle 3 Wochen gewechselt” (WZB 1988/43f.).

[54] Friedan (1979/156) stellte in ihren Befragungen fest, “daß viele hektisch betriebsame Nur-Hausfrauen höchst erstaunt waren, daß sie mit der Hausarbeit, für die sie sonst 6 Stunden gebraucht hatte, auch in eine Stunde fertig werden konnten, sobald sie zu studieren oder zu arbeiten begannen oder sonst irgendeinem ernsthaften Interesse außerhalb des Hauses nachgingen.” Als Fazit des Kapitels “Hausarbeit läßt sich wie Gummi dehnen” formuliert Friedan: “Je mehr einer Frau die Betätigung in der Gesellschaft auf dem Niveau ihrer Fähigkeiten verwehrt wird, um so mehr werden sich Hausarbeit und Ehefrauen- und Mutterpflichten ausdehnen- und um so mehr wird sie trachten, niemals mit diesen Arbeiten fertig zu werden, um nicht ganz unbeschäftigt zu sein. … Die Zeit, die eine Frau benötigt, um die Hausarbeit zu erledigen, schwankt je nach den Anforderungen einer anderen Tätigkeit, die ihr am Herzen liegt. Ohne irgendwelche Interessen außerhalb des Hauses ist eine Frau praktisch gezwungen, jeden Augenblick ihres Daseins auf die Bagatellen des Haushalts zu verwenden” (ebd. 157).

[55] “1995 hatten weibliche Neugeborene in der Bundesrepublik Deutschland eine Lebenserwartung von durchschnittlich 79,5 Jahren, männliche von 73 Jahren” (Bundesministerium 1998/1). “In den USA hat sich der weibliche Vorsprung seit dem Jahr 1900 vervierfacht: von damals zwei auf heute rund acht Jahre. In Deutschland ist er nicht ganz so stark gewachsen, aber immer noch von knapp drei Jahren zum Zeitpunkt der Reichsgründung 1871 auf gegenwärtig annähernd sieben. Die Kluft ist also großenteils das Werk des 20. Jahrhunderts und hat insofern eher gesellschaftliche als natürliche Ursachen” (Traub 1997/23). “Wie sehr der Streß, der daraus entsteht, als Hauptverantwortlicher für den materiellen Wohlstand und das Sozial-prestige einer ganzen Familie zu kämpfen, die Gesundheit und die Lebensdauer der Männer beeinträchtigt, sieht man am besten an der Entwicklung der männlichen Lebenserwartung in den USA:Obwohl dort die Gesundheitsvorsorge ständig verbessert wird, Krebserkrankungen bei beiden Geschlechtern etwa gleich häufig vorkommen und mehr Frauen als früher einem Beruf nachgehen, übertrumpfen diese dort die Männer an Lebenserwartung (1990) bereits um mehr als 9 Jahre. (1955 lag die durchschnittliche Lebenserwartung der US-Frauen lediglich um 2,5 Jahre über der der Männer.) Nur in Spitzenpositionen ist die männliche und weibliche Lebenserwartung gleich niedrig und die Zahl der Herz- und Kreislauferkrankungen gleich hoch. Was beweist, daß zwischen Lebensdauer und Streßbelastung ein direkter Zusammenhang besteht und es sich bei der unterschiedlichen Lebenserwartung von Mann und Frau nicht um einen biologischen Unterschied handelt” (Vilar 1990/55).
[56] Statt die gesellschaftlichen Strukturen zu erklären, aus denen heraus Männer auf (auch ihnen selbst gegenüber) abträgliche Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Sinne festgelegt werden, wird subjektivierend-personalisierend Männern die Verantwortung für ›die Männergesellschaft‹ zugeschrieben. “Undurchdringlichkeit und Fremdheit der gesellschaftlichen Verhältnisse sollen der persönlichen, unmittelbaren Erfahrung zugänglich gemacht werden. Sie sollen Schuldzurechnungen erlauben” (Ulrike Prokop 1976/39).

[57] “Gerade wenn der Alltag von Mann und Frau sehr verschieden ist, müssen ganz unterschiedliche Dinge miteinander verglichen werden. Beziehungsbilanzen sind viel komplizierter zu erstellen als empirische Untersuchungen über die mangelnde Beteiligung der Männer an der Hausarbeit. Daß er der Familie zuliebe vor fünf Jahren auf eine wichtige berufliche Chance verzichtet hat, läßt sich kaum problemlos damit verrechnen, daß sie die Wäsche alleine versorgt. … Kann man eine Stunde im Stau mit einer Gute-Nacht-Geschichte vergleichen?” (Gesterkamp, Schnack 1998/102)

[58] Ich gehe hier nicht auf den Versuch ein, die pauschale Abwertung männlicher Sexualität als Plädoyer für lesbische Liebe und dies wiederum als feministische Kritik auszugeben: “Terror strahlt aus vom Mann, Terror erleuchtet sein Wesen, Terror ist sein Lebenszweck”. “Der Penis verursacht Schmerz.” “Ficken ist also automatisch sadistisch” (Dworkin 1987/24ff., 55).

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WZB 1988: WZB-Mitteilungen H. 40, Juni